Unzureichend begründete Beitragserhöhungen waren schon über Jahre unzulässig

aufschlussreiches BGH-Urteil zur privaten Krankenversicherung

  • Lesedauer: 2 Min.

Spätestens seit dem 16. Dezember 2020 ist klar: Beitragserhöhungen durch private Krankenversicherer sind ohne ausreichende Begründung unwirksam. Dennoch haben Versicherungen über Jahre hinweg unrechtmäßig Beitragserhöhungen vorgenommen. Für Versicherungsnehmer bedeutet dies: Zu viel gezahlte Prämien müssen durch die Versicherungen zurückgezahlt werden.

Laut Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. IV ZR 113/20) vom 17. November 2021 waren die Ansprüche des dortigen Klägers zwar zum Teil verjährt, aus den Ausführungen des BGH lässt sich allerdings entnehmen, dass dies auf den Besonderheiten des Einzelfalls beruht.

Grundsätzlich gilt, dass Privatversicherte die zu viel gezahlten Prämien noch bis zum Ende der sogenannten Verjährungsfrist im Jahr 2023 einfordern können. Jedoch müssen Verbraucher die absolute Höchstfrist der Verjährung berücksichtigen, da diese zehn Jahre beträgt. Eine Rückforderung von Beitragserhöhungen aus dem Jahr 2011 muss dementsprechend noch dieses Jahr erfolgen. Was ist dabei zu beachten und wer ist betroffen?

Ansprüche jetzt geltend machen

Jan Frederik Strasmann, Managing Partner von rightmart Rechtsanwälte (www.rightmart.de), ordnet das Urteil des BGH so ein: »Der BGH hat sich der Frage gewidmet, wie die Verjährung im Falle der Rückforderung von rechtswidrigen Beitragserhöhungen gegen private Krankenversicherer zu beurteilen ist. Die Ansprüche von Versicherten, sich zu viel gezahlte Prämien zurückzuholen, verjähren nach drei Jahren und sind damit nach dieser Zeit unwirksam. Fraglich war jedoch, wann diese drei Jahre beginnen.«

Dafür war die Frage ausschlaggebend, ob eine »unsichere und zweifelhafte« Rechtslage bestand. Der BGH hat dies bestätigt und somit festgestellt, dass der Verjährungsbeginn mit dem klärenden Urteil aus dem Jahr 2020 startet (BGH-Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. IV ZR 294/19 und Az. IV ZR314/19). Dies gilt einheitlich für alle Beitragserhöhungen der Vergangenheit. Damit können Versicherungsnehmer alle unrechtmäßigen Beitragserhöhungen bis 2023 zurückfordern. Die Zeit drängt trotzdem, da daneben eine absolute Höchstfrist von 10 Jahren für ältere Beitragserhöhungen zu berücksichtigen ist.

Achtung: Verjährung kann drohen

Auch zum Ende 2021 können Ansprüche verjähren. Verbraucher sollten daher umgehend ihre Mitteilungen über die Erhöhung von Versicherungsprämien juristisch prüfen lassen. War die Beitragserhöhung rechtswidrig, haben Versicherte einen Anspruch auf die zu viel gezahlten Prämien. Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Privatversicherten in Deutschland davon betroffen ist. tonka-pr/nd

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