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Gegen Impfung und Co.
Erneut prangerten Tausende auf Demonstrationen die Corona-Politik an
Offenbar in Anlehnung an die Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV Anfang der Nullerjahre protestierten am Montagabend erneut in vielen Orten Deutschlands Menschen gegen die Corona-Politik von Bund und Ländern. Insbesondere die Überlegungen zur Impfpflicht haben dazu geführt, dass die Aufzüge derzeit wachsenden Zulauf haben.
Allein in Mecklenburg-Vorpommern versammelten sich nach Polizeiangaben rund 17 000 Menschen in 20 Städten zu angemeldeten Lichterspaziergängen, Kundgebungen und nicht angemeldeten Veranstaltungen. Das waren erneut mehr als doppelt so viele wie eine Woche zuvor. Größere Proteste gab es unter anderem in Rostock, Schwerin, Neubrandenburg und Waren an der Müritz. Allein in Rostock beteiligten sich in der Spitze rund 10 000 Personen an der in diesem Umfang nicht genehmigten Demo.
Landesinnenminister Christian Pegel (SPD) rief die Teilnehmer von Corona-Demonstrationen am Dienstag dazu auf, die Schutzmaßnahmen gegen eine Ansteckung einzuhalten. »Sie können gegen die Vorschriften demonstrieren, müssen sich aber trotzdem an sie halten«, sagte Pegel er der Deutschen Presse-Agentur. Gerade angesichts der Warnungen vor einer großen Ansteckungswelle durch die neue Omikron-Variante forderte er, Masken zu tragen und Mindestabstände einzuhalten. Selbstverständlich könnten die Menschen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit in Anspruch nehmen, betonte der Minister. Er wies aber darauf hin, dass extremistische Gruppen oder Einzelpersonen die grundsätzlich legitimen Proteste versuchten, für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. »Schauen Sie, mit wem Sie mitgehen, und lassen Sie sich nicht für fremde Zwecke einspannen«, sagte Pegel.
Die Proteste im Nordosten richteten sich vor allem gegen eine Impfpflicht gegen Covid-19. Kritisiert wurden auch teils unverständliche Corona-Regelungen in einzelnen Regionen und eine Spaltung der Gesellschaft durch die Einschränkungen. Die Polizei registrierte bis zum frühen Abend nur vereinzelte Verstöße gegen Auflagen.
In Rostock versammelten sich mehrere Hundert Demonstranten am Markt und forderten Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) auf, sich zu zeigen. Unklar war, ob er überhaupt im Rathaus war. In die friedlichen Protestzüge wie in Schwerin, Neubrandenburg und Waren hatten sich Menschen aller Altersgruppen eingereiht, auch Familien mit Kindern. Im Nordosten lag die Corona-Inzidenz am Montag bei 418,9 pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen. Die Intensivbetten für Covid-Patienten sind laut Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lagus) vollständig ausgelastet.
In Sachsen-Anhalt demonstrierten am Montagabend ebenfalls mehrere Tausend Menschen gegen die Corona-Politik. In Magdeburg trafen sich laut Polizei rund 3000 Personen zu einer nicht angemeldeten Kundgebung. Sie seien auf Abstand gelaufen und hätten sich friedlich verhalten, sagte eine Polizeisprecherin. In Halle zogen knapp 1500 Teilnehmer durch die Stadt. In Naumburg kamen etwa 1400 Teilnehmer zusammen, in Halberstadt rund 1200.
In Westdeutschland gab es am Montagabend weniger Veranstaltungen dieser Art. Gleichwohl kam es in Mannheim zu Auseinandersetzungen, bei denen laut Polizei 13 Beamte verletzt wurden. In der Stadt waren trotz Demonstrationsverbots bis zu 800 Menschen an mehreren Orten auf die Straße gegangen. Beim Versuch, Demonstrationszüge aufzuhalten, hätten einige Teilnehmende Widerstand geleistet und Polizist*innen tätlich angegriffen. 13 Tatverdächtige seien vorläufig festgenommen worden. 131 Menschen seien wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz angezeigt worden.
Auch in Sachsen demonstrierten erneut Hunderte Menschen. Der Protest am Montag habe sich über etliche Städte verteilt, die Demonstranten seien meist in kleineren Gruppen zusammengekommen, teilte die Polizei mit. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) machte Rechtsextreme für zunehmende Aggressivität bei Corona-Demonstrationen verantwortlich. »Die Rechtsradikalen bedienen sich ausgiebig der sozialen Medien, um Propaganda zu betreiben und Massen zu mobilisieren. Viele Bürgerinnen und Bürger grenzen sich weder im Netz noch auf der Straße von solchen Inhalten und Personen ab«, beschrieb er am Dienstag im Landtag die Lage. In Hetzkampagnen finde das Misstrauen gegen den Staat einen Nährboden, auf dem Verschwörungsideen und weitere Radikalisierungstendenzen gediehen.
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