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  • Weihnachtsstress bei Alba Berlin

So läuft nun mal die Basketball-Show

Basketballer können Weihnachten nie genießen. Zur Unterhaltung der Zuschauer spielen sie ohne Pause weiter – auch wenn die Fans ausgeschlossen werden

Marcus Eriksson (r.) erzielte beim Sieg gegen Monaco 15 Punkte für Alba Berlin. Seine Eltern auf der Tribüne hat's gefreut.
Marcus Eriksson (r.) erzielte beim Sieg gegen Monaco 15 Punkte für Alba Berlin. Seine Eltern auf der Tribüne hat's gefreut.

Es ist schon erstaunlich, dass professionelle Basketballer überhaupt Weihnachten feiern. Dafür haben sie eigentlich nie Zeit, schließlich legt der übermächtige Fußball über die Feiertage bis etwa Mitte Januar eine Winterpause ein, und die Organisatoren in Ligen der anderen Sportarten denken sich immer wieder: Lasst uns den Spielplan gerade dann richtig vollpacken, um mal die Gunst der Sportfans ganz für uns zu haben. Das trifft zu einem gewissen Grad auch auf Eishockey und Handball zu. Im Basketball aber wird es auf die Spitze getrieben. So wurden etwa für den deutschen Meister Alba Berlin zwischen dem 22. Dezember und dem 3. Januar gleich fünf Spiele angesetzt.

Der Schwede Marcus Eriksson ist schon weit gereist in seinem Profileben. Aus dem heimischen Uppsala zog es ihn schon mit 17 nach Spanien. Er spielte in Manresa, Gran Canaria und viele Jahre lang sogar beim großen FC Barcelona. Seit zweieinhalb Jahren trifft er seine gefürchteten Dreipunktwürfe nun für Alba Berlin. Eine weihnachtliche Tradition hat sich seitdem aber nie geändert: Wo auch immer er spielt, seine Eltern kommen ihn besuchen.

Sie erreichten Berlin am Mittwoch, bejubelten noch am selben Abend 15 Punkte ihres Sohnes beim 92:84 Sieg gegen AS Monaco in der Euroleague und versuchen seitdem, irgendwie ein halbwegs schwedisches Fest zu organisieren. «Klar, als Kind war Weihnachten noch viel wichtiger für mich, und ich hab wochenlang darauf hingefiebert. Aber auch jetzt schaffe ich es, ein bisschen in ein Weihnachtsgefühl hineinzukommen. Ich brauche das, um mal die Gedanken vom Basketball zu trennen, auch wenn es nur gut 24 Stunden anhält», sagt der 28-Jährige.

Mama und Papa bringen dafür aus der Heimat mit, was in den Koffer passt. «Den Rest besorgen wir immer im Schweden-Markt hier in Berlin - und bei Ikea.» Tatsächlich gebe es in den Möbelhäusern viele nützliche Zutaten für den traditionellen Weihnachtsschinken Julskinka, garniert mit Köttbullar und Prinskorvar - Fleischbällchen und Prinzen-Würstchen. Auch die schwedische Festtagsküche ist ziemlich fleischlastig.

Die Zubereitung müssen dann allerdings die Eltern übernehmen, denn am Vormittag des 24. Dezember und am Nachmittag des 1. Weihnachtsfeiertags muss Marcus Eriksson noch mal ins Alba-Trainingszentrum an der Schützenstraße. Schließlich steht am 27. Dezember das Auswärtsspiel in Bayreuth an.

Dann werden Mama und Papa Eriksson aber schon wieder in Schweden sein. «Natürlich hätte ich gern eine etwas längere Pause, um den Kopf frei zu bekommen. Ein, zwei Wochen würden auch helfen, dass sich der Körper besser erholt», meint ihr Sohn. Aber die Hoffnung darauf hat er längst aufgegeben.

Eine Weihnachtspause bekommen die Berliner Basketballer nie. Selbst ohne Spiele würde Trainer Israel González sein Team noch trainieren lassen. «Wir haben bei all den Reisen zwischen Bundesliga und Euroleague ohnehin schon zu wenige Trainingstage. Ich hätte gern noch mehr», so González. Aber ich weiß, dass Basketball und Weihnachten zusammengehören. Das ist Teil der Show, den wir akzeptieren müssen.«

Dreipunkt-Spezialist Eriksson schätzt sich noch glücklich, weil er zu Weihnachten noch nie allein war. Anderen Kollegen ging es über die Jahre oft anders, berichtet er. Auf einen Besuch seiner Familie muss zum Beispiel Albas Kapitän Luke Sikma verzichten. Auch der US-Amerikaner hat sich aber längst damit arrangiert. Der 32-Jährige spielt mittlerweile seine elfte Saison in Europa fernab der Heimat. In Berlin lebt er nun auch schon seit mehr als vier Jahren und hat sich hier »ein paar Freunde zugelegt«, mit denen er sich zum Fest treffen will. »Andere Teamkollegen sind in der gleichen Lage wie ich, also findet man immer jemanden, mit dem man gemeinsam ausspannen, was Gutes essen und die aus Übersee geschickten Geschenke von der Familie auspacken kann«, erzählt Sikma. »Mittlerweile hoffe ich schon gar nicht mehr auf eine echte Pause. Ich rechne eher damit, zu Weihnachten zu trainieren als entspannen zu können. Wenn es mal anders kommt, freu ich mich. Aber so glücklich wie die Fußballer sind wir eben nicht.«

Ein Motivationsproblem habe er deswegen aber nicht. Auch wenn die Playoffs noch viele Monate entfernt sind, »wollen wir doch noch jedes Spiel gewinnen. Der Anspruch ist immer da. Egal, ob am Anfang oder am Ende der Saison« - oder eben zwischen Weihnachten und Silvester.

Für etwas extra Motivation sorgen normalerweise die Fans in der Halle. Für deren Unterhaltung wurden die Termine schließlich rund um die Feiertage angesetzt. Doch ab dem 28. Dezember werden sie pandemiebedingt mal wieder ausgeschlossen. »Das ist natürlich schade. Egal, wie viele es zuletzt waren, sie haben uns immer Energie gegeben«, sagt Sikma. »Dass es sich nun wieder so entwickelt hat, zieht einen schon ein bisschen runter. Aber das können wir nun mal nicht kontrollieren, Wir können es nur akzeptieren.« Eine Einstellung, die Basketballer zu Weihnachten in Corona-Zeiten gleich doppelt an den Tag legen müssen.

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