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Höher und dichter bauen wird einfacher
Baugesetz gibt Behörden nun mehr Spielraum - auch zugunsten von Investoren
»Ich befürchte eine Kapitulation vor Investoreninteressen statt der nötigen Konfrontation für die Belange einer gemeinwohlorientierten Stadtproduktion«, sagt Linke-Stadtentwicklungsexpertin Katalin Gennburg zu »nd«. Grund ist die nun mögliche Anwendung von Paragraf 31a des im Sommer novellierten Baugesetzbuches des Bundes in Berlin.
»Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung und des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern«, heißt es in dem Paragrafen unter anderem. Am Montag vor Weihnachten ist die entsprechende Verordnung zur Bestimmung des Landes Berlin als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt in Kraft getreten. Das ist die Voraussetzung für die Anwendung der neuen Regelung, die es in einem vereinfachten Verfahren ermöglicht, von gesetzlichen Standards, was den Abstand von Gebäuden zueinander und auch die Höhe der Bauten betrifft, abzuweichen.
Festgesetzt werden können mit dem novellierten Baugesetzbuch nun auch sogenannte sektorale Bebauungspläne für Gebiete, in denen Investoren bisher bei Lückenschlüssen Anspruch auf eine einfache Baugenehmigung nach Paragraf 34 hatten. Abgesehen davon, dass der Neubau sich »in die Umgebung einfügen« musste, konnten keine weiteren Auflagen gemacht werden. Nun kann der Bau von Sozialwohnungen vorgeschrieben werden. Zweimal findet die Neuregelung im rot-grün-roten Koalitionsvertrag Erwähnung. Sie soll das von der Koalition ausgemachte Potenzial von 30.000 neuen Wohnungen bis 2030 in Berlin durch Ergänzungen im Bestand sozial nutzbar machen.
»Die ›Nachverdichtungen‹ stoßen da auf Protest, wo grüne Begegnungsorte in Wohnsiedlungen mit kleinen Wohnungen zerstört werden. Deswegen brauchen wir dringend verbindliche Einflussmöglichkeiten für die Anwohner*innen«, so Gennburg. Ein Knackpunkt ist der eklatante Personalmangel in den für die Bauplanung zuständigen Senats- und Bezirksabteilungen. »Eine Beschleunigung ohne Planer begünstigt die Interessen der Investoren und die Eingriffsmöglichkeiten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung nach dem Motto ›bauen, bauen, bauen‹, ohne zwingend auch das Gemeinwohlinteresse zu stärken«, sagt die Politikerin. »Insbesondere will die Koalition die Bezirksämter und die befassten Sonderbehörden personell verstärken, damit schneller geplant und genehmigt werden kann«, lautet die etwas vage Formulierung im Koalitionsvertrag zur virulenten Personalfrage.
»Ein Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung oder des Abgeordnetenhauses von Berlin ist daher nicht erforderlich«, heißt es in einer Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine Schriftliche Anfrage von Gennburg zum Prozedere der neuen Befreiungsmöglichkeiten nach Paragraf 31a. Die Verwaltung versucht, Bedenken zu zerstreuen: »Die Nachbarn des zukünftigen Bauvorhabens müssen keine Beeinträchtigungen ihrer nachbarlichen Interessen hinnehmen. Den Nachverdichtungsvorhaben sind insoweit Grenzen gesetzt.«
»Mit Nachbarn sind aber die Grundstückseigentümer gemeint, nicht die dort lebenden Mieter*innen«, sagt Katalin Gennburg. »Dass außerdem die Parlamente nicht mit den Bauvorhaben befasst sind, ist ein handfestes Problem«, so die Linke-Politikerin weiter. Und: »Wir haben als Linke viel Arbeit vor uns, die Interessen der Mieter*innen zu sichern, damit nicht einfach den Menschen die grünen Höfe zugeknallt werden.«
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