• Berlin
  • Berliner Haushalt und Finanzen

Mehr Spielraum als gedacht

Die finanzpolitische Zukunft Berlins hängt von der Pandemieentwicklung ab

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Diese Prognose dürfe Berlins neuen Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) erfreuen. Denn nach Einschätzung der Investitionsbank Berlin (IBB) könnte die wirtschaftliche Erholung auch im kommenden Jahr weiter Fahrt aufnehmen: Nach drei Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im ablaufenden Jahr könnte die Berliner Wirtschaft 2022 sogar um vier Prozent wachsen. Damit könnte bereits zu Jahresbeginn das wirtschaftliche Vorkrisenniveau erreicht werden. »Das stabile Fundament der Berliner Wirtschaft bleibt eine hoch spezialisierte und exportorientierte Industrie, und eine dynamische Digitalwirtschaft. Auch die Auftragsbestände in der Bauindustrie befinden sich auf einem 20-jährigen Rekordhoch«, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Investitionsbank Berlin, Hinrich Holm, am Montag.

Die Entwicklung hängt natürlich davon ab, wie sich die Pandemie entwickelt und wie stark die Verbreitung der Omikron-Variante die Wirtschaft belasten wird. Doch höhere Steuereinnahmen, ein sich abzeichnender besserer finanzieller Jahresabschluss und die guten Wirtschaftsprognosen verschaffen Daniel Wesener in seinem neuen Amt möglicherweise mehr Spielraum als gedacht. Der Finanzsenator ist nun gefordert, schnell einen Haushaltsentwurf vorzulegen. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte bereits erklärt, dass das Haushaltsvolumen von aktuell 32 Milliarden Euro auf 33 Milliarden Euro (2022) und schließlich 34 Milliarden Euro (2023) steigen soll.

Finanzsenator Daniel Wesener erklärt gegenüber »nd«: »Die wirtschaftliche und finanzielle Schlagkraft Berlins ist nach wie vor gegeben. Denn das Land ist bisher gut durch die Coronakrise gekommen, auch in haushalterischer Hinsicht.« Das habe die November-Steuerschätzung und die gute Prognose des Statusberichts für den Jahresabschluss 2021 gezeigt. »Die finanziellen Rahmenbedingungen sind Pandemie-bedingt zwar für alle Beteiligten schwieriger geworden«, so Wesener. Das heiße aber nicht, dass es keine Handlungsspielräume für Investitionen oder weitere Coronahilfen gebe, nicht zuletzt für die Landesunternehmen. Laut Weseners Sprecher soll der Jahresabschluss in der zweiten Januarhälfte dem Senat vorliegen.

»Wir müssen über Sparrunden nicht reden, aber über Haushaltsdisziplin«, sagt der Finanzexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Steffen Zillich, am Montag zu »nd«. Offenbar zahlten sich die schnellen und unbürokratischen Coronahilfen aus, die die Koalition in der vergangenen Legislatur gewährt habe, meint der Linke-Politiker. Zu Unrecht habe man damals Prügel aus dem Bund bezogen, wie sich jetzt zeige. Aber auch wenn es nicht mehr so düster aussieht, müsse sich die neue rot-grün-rote Koalition für die Investitionen nun schnell konzeptionell aufstellen, fordert Zillich. Insbesondere die landeseigenen Unternehmen sollen die geplanten Investitionen stemmen, beispielsweise bei der angestrebten energetischen Sanierung des öffentlichen Gebäudebestandes oder der Umstellung der Fahrzeugflotten auf neue, klimaschonende Antriebe.

Eine weitere finanzpolitische Baustelle dürften für die Mitte-links-Koalition die besonders hart von der Coronakrise betroffenen landeseigenen Unternehmen Messe, aber auch die Klinikkonzerne Vivantes und Charité werden. »Wir müssen deren Einnahmeverluste, die durch die Coronakrise entstanden sind, kompensieren und deren Sanierung voranbringen«, sagt Steffen Zillich. Das dafür nötige Geld ist offenbar vorhanden. Denn von den im vergangenen Jahr aufgenommenen Krediten zur Linderung der Folgen der Coronakrise wurden nicht alle Mittel verwendet.

Sollten also erneut wegen der Pandemieentwicklung neue Hilfen nötig werden, ist Berlin einigermaßen gut vorbereitet. Wie es dann generell finanzpolitisch weitergeht, wird sich im Doppelhaushalt 2022/2023 niederschlagen. Der Entwurf dafür wird nach dem Jahresabschluss von der Finanzverwaltung überarbeitet werden, am Ende verabschiedet den Haushalt das Abgeordnetenhaus als Haushaltsgeber.

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