Von Betriebsrenten bis zu neuen Rechten der Verbraucher

finanzen, versicherungen, rechte und verträge

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Der Arbeitgeberzuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge (Betriebsrente) wird auch für vor 2019 abgeschlossene Altverträge zur Pflicht. Wer über eine betriebliche Altersvorsorge in Form einer Entgeltumwandlung verfügt, hat ab 2022 ein gesetzliches Anrecht auf einen Zuschuss vom Arbeitgeber in Höhe von 15 Prozent, wenn der Arbeitgeber Sozialbeiträge einspart. Bisher galt die Zuschusspflicht nur für ab 2019 abgeschlossene Neuverträge.

Garantiezins sinkt bei Lebensversicherungen

Der Garantiezins für neue kapitalbildende Policen sinkt ab Januar 2022 auf 0,25 Prozent. Das macht den Abschluss neuer klassischer Lebensversicherungen für Verbraucher noch uninteressanter.

Das wird Auswirkungen haben auf das Angebot von Riester-Verträgen in Versicherungsform sowie bestimmte Formen der betrieblichen Altersversorgung. Denn diese werden auch für die Versicherungen selbst unattraktiver. Der Grund: Bei Riester müssen gezahlte Eigenbeiträge und staatliche Zulagen zu 100 Prozent garantiert werden. Das ist gesetzlich vorgeschrieben und bringt die Versicherungen in die Bredouille. Wenn sie nur mit 0,25 Prozent Zins kalkulieren dürfen, fällt es ihnen schwer, die Garantie zu leisten und zugleich ihre Kosten zu decken, die bis zu zehn Prozent der Beiträge ausmachen.

Das Gleiche gilt für bestimmte Verträge der betrieblichen Altersversorgung, nämlich die Beitragszusage mit Mindestleistung.

Pfändungsschutz mit verschiedenen Änderungen

Verschiedene Änderungen verbessern den Pfändungsschutz ab dem 1. Januar 2022. Bei der Sachpfändung durch Gerichtsvollzieher wird für den Pfändungsschutz neben dem Bedarf der Schuldner und deren Familien nun auch auf den Bedarf anderer Personen abgestellt, mit denen die Schuldner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben. Erweitert und modernisiert wird außerdem die Liste der unpfändbaren Gegenstände. Ebenfalls ergänzt wird eine generelle Unpfändbarkeit von Haustieren.

Neu geregelt wird auch die Pfändung von Weihnachtsgeld: Zukünftig sind zunächst 630 Euro geschützt. Dieser Betrag passt sich jährlich der jeweils gültigen Pfändungstabelle an.

Neuerungen beim Pfändungsschutzkonto

Bereits zum 1. Dezember 2021 traten Neuerungen beim Pfändungsschutzkonto (P-Konto genannt) in Kraft. Sie sehen unter anderem erweiterte Ansparmöglichkeiten vor und garantieren einen Anspruch auf Umwandlung eines bestehenden Kontos in ein P-Konto, selbst wenn dieses im Minus ist.

Guthaben auf Gemeinschaftskonten lassen sich nun binnen eines Monats ab Pfändung schützen.

Finanzberatung über nachhaltige Geldanlage

Bei der Finanzberatung und Vermögensverwaltung müssen Berater voraussichtlich ab August 2022 ihre Kunden aktiv auf das Thema Nachhaltigkeit ansprechen und ob dies in der Beratung berücksichtigt werden soll. Wenn ja, müssen geeignete nachhaltige Produkte berücksichtigt werden, die den Anlagepräferenzen der Kunden - Sicherheit, Rendite, Liquidität - entsprechen.

Deutsche Post plant erneute Portoerhöhung

Die Deutsche Post plant zum 1. Januar höhere Preise für verschiedene Produkte, darunter auch das Briefporto. Für den Standard-, Kompakt- , Groß- und Maxibrief werden ab 2022 jeweils fünf Cent mehr verlangt. Die Postkarte kostet dann 70 statt 60 Cent. Der Standardbrief 85 statt 80 Cent.

Änderungen bei Käuferrechten und Verträgen

Im Kaufrecht tritt ab 1. Januar 2022 eine entscheidende Änderung in Kraft. Dabei geht es um die Beweislastumkehr im Kaufrecht. Sie wird von bislang sechs Monaten auf ein Jahr verlängert. Dies hat für Verbraucher den Vorteil, dass im ersten Jahr nach Erhalt der Ware vermutet wird, dass es sich bei einem auftretenden Fehler um einen anfänglichen Sachmangel handelt und somit Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden können.

Da immer mehr digitale Produkte auf dem Markt sind, wird ein neuer Vertragstyp »Verbrauchervertrag über digitale Produkte« eingeführt. Digitale Produkte sind danach digitale Inhalte und Dienstleistungen sowie personenbezogene Daten und körperliche Datenträger. Erfasst hiervon sind zum Beispiel Musik- und Videodateien, E-Books, Apps, Spiele und sonstige Software, soziale Netzwerke, Cloud-Anwendungen und Cloud-Speicherdienste, Musik-CDs oder DVDs. Erstmals werden für diese Produkte eigene Gewährleistungsrechte festgelegt.

Bei digitalen Produkten können Verbraucher zwei Jahre Mängel an digitalen Produkten reklamieren. Auch hier gilt eine einjährige Beweislastumkehr. Nicht erfasst vom neuen Vertragstyp sind sonstige Dienstleistungen, Telekommunikation und Finanzdienstleistungen.

Händler werden im Rahmen der Gewährleistung zukünftig zur Updatepflicht verpflichtet, das heißt: Sie müssen Updates für Waren mit digitalen Elementen bereitstellen, die für die volle Nutzbarkeit der digitalen Elemente erforderlich sind. Ansonsten gelten diese als mangelhaft, und Verbraucher können ihre Gewährleistungsrechte geltend machen.

Zusätzlich müssen Anbieter die Verbraucher über die Bereitstellung der Updates informieren - installieren müssen Verbraucher diese jedoch selbst. Waren mit digitalen Elementen sind zum Beispiel Smart TVs, Smart Watches oder »intelligente« Haushaltsgeräte, die für ihre Funktionalität ein digitales Element benötigen.

Kürzere Kündigungsfristen bei Laufzeitverträgen

Bisher stand in vielen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), dass Laufzeitverträge drei Monate vor Ablauf der Vertragslaufzeit gekündigt werden müssen. Ansonsten würden sie sich um ein Jahr verlängern.

Für Verträge, die ab dem 1. März 2022 geschlossen werden, gilt dies nicht mehr. Diese Verträge dürfen nur noch eine Kündigungsfrist von einem Monat haben. Verpassen Verbraucher die Kündigungsfrist, so verlängern sich die Verträge zukünftig nur noch auf unbestimmte Zeit.

Das heißt: Verbraucher können die Verträge dann jederzeit, mit einer Frist von einem Monat kündigen. Durch das Gesetz werden Verbraucher besser vor überlangen Vertragsverlängerungen und Kündigungsfristen geschützt.

Neuer Kündigungsbutton ab dem 1. Juli 2022

Wird Verbrauchern zukünftig die Möglichkeit eingeräumt, über eine Homepage einen Laufzeitvertrag abzuschließen, dann muss ab dem 1. Juli 2022 auf der Homepage zusätzlich ein Kündigungsbutton platziert werden, über den der Vertrag wieder gekündigt werden kann. Verbraucher sollen ihre Verträge dadurch künftig schneller und leichter wieder beenden können.

Bislang sind die Möglichkeiten zur Kündigung oftmals nur nach langwieriger Suche zu finden.

Neue Informationspflichten auf Onlinemarktplätze

Betreiber von Online-Marktplätzen (zum Beispiel Amazon oder e-bay) müssen ab dem 28. Mai 2022 verschiedene Informationen klar und deutlich angeben. So müssen zum Beispiel Angaben dazu gemacht werden, woraus sich das Ranking der Angebote ergibt.

Bei Angebotsvergleichen können Verbraucher somit zukünftig besser erkennen, welche Anbieter bei der Erstel- lung des Vergleichs berücksichtigt wurden.

Für Telefonwerbung ausdrückliche Einwilligung

Ab dem 28. Mai 2022 müssen Anbieter, die telefonisch werben, die ausdrückliche Einwilligung der Verbraucher dokumentieren und fünf Jahre aufbewahren. Bei Verstößen gegen diese Verpflichtung drohen Bußgelder. So sollen Verbraucher vor unerwünschten Werbeanrufen besser geschützt werden.

IT-Sicherheitskennzeichen wurde bereits eingeführt

Bereits Ende 2021 wurde das IT-Sicherheitskennzeichen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eingeführt. Das BSI erteilt das IT-Sicherheitskennzeichen, wenn Hersteller selbst erklären, dass ein Gerät oder Dienst spezifische, sicherheitsrelevante Produktanforderungen erfüllt.

Verbraucher können die aufgedruckten QR-Codes mit dem Smart-phone scannen und gelangen auf eine zugehörige Produktseite des BSI. So können sie wichtige Informationen zu den IT-Sicherheitseigenschaften des Produkts schnell einsehen.

Zunächst wird das Label für Breitbandrouter sowie E-Mail-Dienste eingeführt. Zukünftig soll es auch auf andere Produktgruppen, zum Beispiel im Bereich Smart-Home, ausgeweitet werden.

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