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Gericht löst Memorial auf
Die wichtigste russische Menschenrechtsorganisation muss ihre Arbeit einstellen
»Auflösung« – so lautet das Verdikt des Obersten Gerichts in Moskau. Am Dienstag endete damit ein kurzer Prozess gegen Memorial International, die älteste nichtstaatliche Organisation im postsowjetischen Russland. Innerhalb von 30 Tagen kann diese Entscheidung angefochten werden. Memorial will Berufung einlegen. Wenn nötig, werde man vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, sagte der Vorsitzende Jan Rachinsky.
Memorial ist im Register für sogenannte ausländische Agenten eingetragen. Der Organisation wird vorgeworfen, vorsätzlich gegen gesetzlich vorgeschriebene Auflagen verstoßen zu haben. Konkret sind damit fehlende Markierungen auf Publikationen in Papierform und im Internet gemeint, einschließlich aller Einträge in sozialen Netzwerken. Gegen Memorial wurden deshalb in den vergangenen Jahren etliche Geldstrafen verhängt. Die Organisation versuchte, so weit wie möglich alle Regelverstöße zeitnah zu beseitigen, doch kamen immer neue Forderungen hinzu. Die gesetzlichen Grundlagen sind derart allgemein gehalten, dass man sich selbst bei gewissenhafter Erfüllung aller Vorgaben nie auf der sicheren Seite wägen darf.
Die Verteidigung legte die problematische Rechtsgrundlage für das gesamte Auflösungsverfahren dar. Doch das wurde vom Gericht ignoriert. Am Dienstag nannte Staatsanwalt Aleksej Schafjarow die wohl eigentlichen Beweggründe: Memorial International schaffe ein verlogenes Bild der Sowjetunion als terroristischer Staat, verunglimpfe das Andenken an den Zweiten Weltkrieg und werde dafür sogar noch bezahlt. Auch das Reinwaschen von Naziverbrechern sei Teil der Agenda.
Bei einem Treffen von Wladimir Putin mit Mitgliedern des Menschenrechtsrats Anfang Dezember argumentierte der Präsident, dass sich in der Memorial-Liste historischer Opfer des stalinistischen Terrors auch drei Nazikollaborateure befänden. Auf dieser Liste sind mehr als drei Millionen Menschen verewigt. Memorial hatte aber schon vor Monaten bei einer Überprüfung die drei Namen der Kollaborateure gestrichen. Dass sich das Moskauer Stadtgericht am Mittwoch gegen die Auflösung des Menschenrechtszentrums von Memorial aussprechen wird, ist nach dem Urteil von Dienstag höchst unwahrscheinlich. Zudem steht in dem Fall ein Entscheid über den Vorwurf der Rechtfertigung von Terrorismus und Extremismus an.
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