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Stimmungstest für die Ampel
In Schleswig-Holstein läuft bereits der Wahlkampf für die Landtagswahlen im Mai
Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein im kommenden Mai könnte zu einem ersten Stimmungstest für die Ampel-Koalition im Bund werden. Damit gibt es in Schleswig-Holstein eine ähnliche Konstellation wie im Bund vor der Wahl: Im Kampf um die Hoheit in der Staatskanzlei könnte es zu einem Triell zwischen CDU, SPD und Grünen kommen. Neben dem aktuellen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) und dem SPD-Spitzenkandidaten Thomas Losse-Müller rechnet sich auch Monika Heinold, Spitzenkandidatin der Grünen und aktuelle Finanzministerin, Chancen auf das Amt der Ministerpräsidentin in dem schwarz-grün-gelb regierten Land aus. Und die befindet sich längst im Wahlkampfmodus: »Wenn ich antrete, will ich gewinnen«, sagte die 62-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Dass die Grünen in der jüngsten Umfrage mit 18 Prozent hinter SPD (28) und CDU (21) lagen, beunruhige sie nicht. »Das kann sich immer drehen.« Auch der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe zwischenzeitlich auf Platz drei gestanden.
Zur Gewissheit zählt: Ohne die Grünen wird es kaum eine neue Regierung geben, und die FDP könnte einmal mehr zum »Königsmacher« werden. Möglicherweise wird aber auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) als zusätzlicher Koalitionär benötigt wie schon 2012, als dieser für eine Legislaturperiode zusammen mit SPD und Grünen regierte. Die Partei der nationalen Minderheiten der Dänen und Friesen hat seit der letzten Bundestagswahl mit Stefan Seidler erstmals seit fast 70 Jahren wieder einen Abgeordneten im Bundestag.
Als Stimmungsbarometer können sich die Parteien an den Ergebnissen der Bundestagswahl orientieren. Dort hat die SPD der CDU in Schleswig-Holstein gleich sieben Direktmandate abgejagt und ist mit 28 Prozent stärkste Partei geworden – ein stärkeres Ergebnis als im Bundesdurchschnitt. Die CDU brachte es nur auf 22 Prozent, ein Verlust von zwölf Prozent. Nur in Mecklenburg-Vorpommern fiel der Absturz der Christdemokraten noch heftiger aus (-15,6 Prozentpunkte). Ein weiteres Direktmandat verlor die CDU in Flensburg an Grünen-Chef Robert Habeck, der inzwischen Bundeswirtschaftsminister ist.
Auch die letzte Sonntagsfrage von Insa aus dem Vormonat verheißt für die schleswig-holsteinische CDU nichts Gutes. Die SPD würde demnach mit 28 Prozent locker an der Günther-Partei (21 Prozent) vorbeiziehen. Dessen Amtsbonus und Beliebtheitswerte scheinen derzeit keine ausschlaggebenden Faktoren zu sein.
SPD setzt auf einen Newcomer
Während FDP, Grüne und der SSW ihr Listenpersonal für den 8. Mai bereits festgelegt haben, lassen CDU, SPD und Linke sich noch Zeit. Die Union sortiert sich personell hinter dem Landesvorsitzenden Günther am 28. Januar in Neumünster, die Sozialdemokraten wählen ihre Liste mit Losse-Müller an der Spitze eine Woche später an gleicher Stelle. Auch die Linke stellt erst am ersten Februar-Wochenende in Kiel ihre Liste auf.
Die CDU kommt wohl um einen Umbruch nicht herum. So modern sich Landeschef Günther auch gibt, so rückständig ist man in der Nord-CDU doch in Sachen Frauenbeteiligung in Führungspositionen. Die Frauen-Unions-Vorsitzende Katja Rathje-Hoffmann rüttelt nun an zementierten Strukturen und spricht sich offen für die Einführung einer Quotenregel bei der Aufstellung der Landesliste aus. Auch die Junge Union hat sich bereits zu Wort gemeldet und beklagt, dass der eigenen Partei der inhaltliche Kompass verloren gegangen sei. Günther gilt anders als manches JU-Mitglied nicht als Anhänger vom designierten CDU-Parteichef Friedrich Merz.
Die SPD setzt indessen auf den Rückenwind der Bundestagswahl und auf den Newcomer Losse-Müller, der als ehemaliger Grüner und Finanzfachmann in der Öffentlichkeit, aber auch parteiintern einen Nachteil hat: Er ist weitgehend unbekannt. Ohne Landtagsmandat muss für ihn in der verbleibenden Zeit bis zum Wahltermin erst einmal eine Bekanntheits- und Charmeoffensive gestartet werden – in Corona-Zeiten ohne Grünkohlessen und Skatturnier nicht unbedingt ganz einfach.
Landesweit profitierten zuletzt die Grünen mit einem Umfragewert von 18 Prozent am meisten von einem Mitglieder-Boom. Vor allem die bisherige Finanzministerin Heinold prägte die Handschrift der aktuellen Regierung und steuerte bis zum Pandemiebeginn dank sprudelnder Steuereinnahmen das Haushaltsschiff. Die Coronakrise hat das Regieren schwieriger gemacht. Der besonnen agierende Gesundheitsminister Heiner Garg hat der FDP Kredit eingebracht, was ihr 14 Prozent Zuspruch in der Umfrage einbringt. Schleswig-Holstein ist bundesweit bisher vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen.
Die Linke hat jetzt in Lübeck im Beisein der Bundesvorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow eine landesweite Unterschriftenkampagne zur Wiedereinführung der Mietpreisbremse gestartet. Vor allem mit diesem Thema möchte man im Wahlkampf punkten. Ihr jüngster Umfragewert liegt bei vier Prozent. Der von der Fünf-Prozent-Hürde befreite SSW, der auf derzeit drei Prozent taxiert wird, setzt auf die Wiedereinführung des de facto 2007 im Land abgeschafften Weihnachtsgeldes für Landesbeamt*innen.
Zum Parteienbild gehört schließlich noch die AfD, die laut Insa-Umfrage bei sieben Prozent gesehen wird und somit trotz Auseinanderbrechens ihrer Landtagsfraktion nach internen Streitigkeiten scheinbar Potenzial für größere Zustimmungswerte offenbart.
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