• Kommentare
  • Corona-Proteste in Berlin und Brandenburg

Es braucht Protest gegen den Protest

Die »Spaziergänge« sind keine harmlosen Veranstaltungen, sondern fordern zur Positionierung auf

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein kurzer Aufenthalt in den Abgründen des Messengerdienstes Telegram, in denen zu »Spaziergängen« gegen die Corona-Maßnahmen aufgerufen wird, entlarven diese. Die entsprechenden Gruppen sind ein Auffangbecken: für Personen, die Aufmerksamkeit suchen, ihren Hass gegen alles Mögliche pflegen, im Zweifel gegen »die Mächtigen« oder Verschwörungsideologien, die mit zu kritisierenden Macht- und Klassenverhältnissen nichts zu tun haben.

Sie sind sicher nicht der Hort, an dem die letzten Grundrechte der Menschheit verteidigt werden. Es gibt keinen Widerspruch, wenn gejubelt wird, wie man es irgendwem »gezeigt habe«. Es gibt auch keinen, wenn Inhalte der rechten AfD geteilt oder Holocaust-Analogien herbeifantasiert werden. Oder wenn vom »Systemumbruch« die Rede ist, womit nicht gemeint ist, dass der Kapitalismus zugunsten eines sozialen gemeinwohlorientierten Staates abgeschafft wird, sondern dass ein faschistisches Prinzip etabliert wird. Dafür wird umso mehr »die Stimmung« gelobt, denn auf die scheint es anzukommen. Eine Stimmung, die entsteht, wenn vom Lautsprecherwagen Lieder abgespielt werden, die fest zum Kulturgut ganzer Generationen Ostdeutscher gehören und zwischen denen man vor lauter Rührseligkeit die Reden, in denen rechte Umsturzfantasien verbreitet werden, nicht wahrnehmen muss oder will. Hauptsache, man ist zusammen auf der Straße und die Stimmung ist gut - weil der Staat die gute Stimmung verbietet.

Die Ironie muss einem im Hals stecken bleiben, wenn man sieht, wie anhaltend viele Menschen an den Versammlungen teilnehmen. Es kann sich niemand darauf berufen, dass man nicht wisse, wer da die Reden schwingt. Diese sind bestens zu hören. Es ist gut, dass in der Region immer mehr Menschen Stellung beziehen gegen diesen Protest. Es wird zudem mehr Kommunalpolitiker*innen brauchen, die sich positionieren. Sonst gehören auch sie zu einer angeblichen Mitte, die willig mitträgt, dass es nicht bei Gewaltfantasien gegenüber Andersdenkenden, Journalist*innen und auch Polizist*innen bleibt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.