Klima-Geschäfte mit E-Autos

Seit Jahresanfang können Nutzer von Batterieautos deren CO2-Ersparnis zu Geld machen

  • Jörg Staude
  • Lesedauer: 4 Min.

Halter von Elektroautos können sich seit Jahresbeginn über einen Umweltbonus freuen: Sie dürfen die Menge an CO2, die ihr Fahrzeug gegenüber einem Verbrenner einspart, in Emissionszertifikate umwandeln und diese an Interessenten verkaufen, die damit ihre Klimaschutzpflichten erfüllen. Möglich macht dies das 2021 beschlossene »Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote«. Erfüllen müssen diese THG-Quote Unternehmen, die hierzulande Kraft- und Treibstoffe in Verkehr bringen.

Die vorgeschriebene Quote stieg nun von sechs auf sieben Prozent. So stark müssen 2022, verglichen mit dem Basisjahr 2015, die Treibhausgasemissionen aus den vom jeweiligen Unternehmen verkauften Kraftstoffen sinken. Daher haben die Mineralölkonzerne 2022 laut Bundesumweltministerium insgesamt 15,3 Millionen Tonnen CO2 einzusparen – indem sie Diesel oder Benzin Biokraftstoffe beimischen oder indem sie mehr Biomethan, grünen Wasserstoff oder E-Fuels einsetzen. Die so erzielte Emissionsminderung dürfen sich die Kraftstoffhersteller doppelt zur Erfüllung ihrer Quote anrechnen. Errichten die Konzerne etwa an ihren Tankstellen E-Ladesäulen, können sie sich die durch den verkauften Strom erzielte CO2-Ersparnis sogar dreifach anrechnen lassen. Das gilt auch für Strom, der in öffentlichen Ladesäulen getankt wird. An den kommen die Kraftstoffhersteller heran, indem sie den Betreibern die CO2-Einsparung als Zertifikat abkaufen.

Meist tanken deutsche E-Autos aber an privaten Ladesäulen, oft an der heimischen Steckdose. Den daraus resultierenden Klimaeffekt können die privaten E-Lader an Unternehmen verkaufen. In der Praxis ist das nicht ganz einfach. Schließlich wissen viele Heim-E-Lader nicht genau, wie viel ihr Stromauto getankt hat. Anders als bei öffentlich geförderten Ladesäulen gibt es an der heimischen Steckdose auch keine Pflicht, Ökostrom ins E-Auto fließen zu lassen. Der Gesetzgeber behilft sich da mit pauschalen Annahmen. Die geschätzte CO2-Einsparmenge kann sich jeder E-Auto-Halter gutschreiben lassen – egal, wie viele Kilometer er wirklich gefahren ist. Er muss nur Kfz-Zulassungsschein vorlegen.

2021 waren in Deutschland bereits mehr als eine halbe Million reine Batterieautos unterwegs. Nahezu jedes zweite davon wurde zuletzt auf private Halter zugelassen. Schätzungsweise kommen nun mehrere 10.000 Tonnen handelbares CO2 auf den Markt. Entsprechend schießen derzeit neue Webportale aus dem Boden, die um die Fahrzeughalter mit dem Hinweis buhlen, sie könnten mit ihrem E-Auto Hunderte Euro verdienen.

Für die Besitzer ist das leicht verdientes Geld. Aber auch die Käufer, die Mineralölkonzerne, befinden sich in einer komfortablen Lage – sie haben ja einen ganzen Strauß an Optionen, die Quote zu erfüllen. Eine Prognose, wie die neuen Möglichkeiten zu CO2-Geschäften genutzt werden, sei angesichts eines »sehr dynamischen Marktes« noch nicht möglich, erklärt denn auch ein Sprecher des Umweltministeriums gegenüber »nd«.
Selbst wenn in Deutschland im Jahr 2030 rund zwölf Millionen rein batterieelektrische Pkw unterwegs sein werden, könnten mit dem Ladestrom voraussichtlich nur sieben bis acht Prozentpunkte der dann geltenden THG-Quote von 25 Prozent erfüllt werden, rechnet der Sprecher vor und betont: »Es müssen also weiterhin große Mengen an Biokraftstoffen und zukünftig auch grünem Wasserstoff eingesetzt werden.«

Ob das ausufernde Hin- und Herschieben von CO2-Einsparzertifikaten etwas für die deutsche Klimabilanz bringt, ist zweifelhaft. Laut Umweltministerium lassen sich Einspareffekte aus dem THG-Gesetz nicht genau den einzelnen Sektoren zuordnen.
Entgegen seinem Namen ist der Zweck der Treibhausgasminderungsquoten weniger, dem Klimaschutz zu dienen. Es soll vor allem den Einsatz erneuerbarer Energien im Verkehr erleichtern. Die Mehrfachzählung verschafft dem Ladestrom dabei einen gesetzgeberisch gewollten Vorteil gegenüber den anderen Optionen und erleichtert es den Kraftstoffherstellern, ihre THG-Quote zu erfüllen. Man könnte also von einem »Kraftstoffhersteller-Entlastungs-Gesetz« sprechen.

Etwas Gutes bringt das Gesetz aber doch: Für Plug-in-Hybride – Autos mit Verbrennungsmotor, denen zusätzlich extern aufladbare Batterien verpasst wurden – neigen sich die schönen Zeiten dem Ende zu. Wollen sie den Umweltbonus kassieren, müssen sie nachweisen, dass ihr Fahrzeug maximal 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt oder 60 Kilometer rein elektrisch fahren kann, was schwierig sein dürfte. Das Umweltbundesamt zweifelt schon lange daran, dass die Förderung der Hybrid-Autos dem Klima nützt.

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