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Das Geschäft mit dem Müll
Rund ein Sechstel des deutschen Verpackungsmülls landet im Ausland, ein Teil auf wilden Deponien
Nach Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser und Rohstoffwirtschaft (BDE) produziert Deutschland jährlich rund sechs Millionen Tonnen Kunststoffmüll. Ein Teil stammt aus den Haushalten der gelben Tonnen, der andere direkt aus den Betrieben. Zunächst wird er in einer Sortieranlage nach Kunststoffarten getrennt und in Ballen gepresst, später, je nach Angebot, in deutschen oder ausländischen Recyclinganlagen aufgearbeitet.
Schwierigkeiten machen in erster Linie aus mehreren Kunststoffen verklebte Produkte wie Käseverpackungen: »Das bekommen Sie im Recyclingprozess nicht wieder vernünftig getrennt«, erklärt der BDE-Vorsitzende, Peter Kurth. »Beim Design entscheidet sich also, ob das Material später auch recyclingfähig ist.«
Auf diese Weise würden in Deutschland weniger als zehn Prozent der Abfälle wiederaufbereitet, etwas über die Hälfte nutze die Zementindustrie oder große Industrieparks als sogenannte Ersatzbrennstoffe. 2020 wurde mit rund einer Million Tonnen etwa ein Sechstel aller Kunststoffabfälle ins Ausland exportiert: 170 000 Tonnen gingen nach Malaysia, 136 000 Tonnen in die Türkei. Für 2021 liegen noch keine aktuellen Zahlen vor, Quartalsberichte deuten aber laut dem Referenten für Kreislaufwirtschaft beim NABU, Michael Jedelhauser, darauf hin, dass die Zahlen leicht rückläufig seien.
Der Grund dafür könnte pandemiebedingt eine temporäre Knappheit von Containern sein, merkt Manfred Santen von Greenpeace Deutschland an, oder aber die Folge neuer nationaler und internationaler Regelungen, die Anfang vergangenen Jahres in Kraft traten. So erlaubt die Basler Konvention seit dem 1. Januar 2021 nur noch, wiederverwendbaren Plastikabfall zu exportieren. Zum selben Zeitpunkt verhängte die Türkei ein umfassenden Importverbot für gemischte und mechanisch sortierte Kunststoffabfälle. Seit 2016 waren die deutschen Plastikmüll-Exporte dorthin um mehr als das Zwanzigfache gestiegen, EU-weit wurden rund 13,7 Millionen Tonnen dorthin verbracht. Santen sieht schon in diesen überwiegend legalen Transporten ein Problem: Während diese Länder gut sortierten Müll importierten, bleibe der eigene oft unsortiert liegen.
Wie es darüber hinaus immer wieder zu illegalen Transfers in andere Länder kommt, ist noch unklar. Umweltverbände kritisieren unzureichende Kontrollen. Sortieranlagen müssen für das Material, das sie zum Recycling abgeben, ein Zertifikat vorlegen, dass dieses fachgerecht weiterverarbeitet werde, erklärt Santen. Dabei gebe es eben auch falsche Zertifikate. Eine Undercover Aktion von Greenpeace wies auf mögliche Korruption zwischen Unternehmen der Importländer und Exporteur*innen hin.
Das Umweltbundesamt (UBA) versichert, deutsche Behörden führten bei Anfrage illegal verbrachte Abfälle aus dem Ausland nach Deutschland zurück. Die Böden, auf denen der Müll lagerte, sind aber, laut Greenpeace, immer noch »hochgradig kontaminiert«. »In Deutschland würde man in so einem Fall Messungen machen und die entsprechenden Schichten abtragen«, erklärt Santen. »Das müsste man Ländern, denen man seinen Müll liefert, auch anbieten.«
Um das Problem weiter einzudämmen, bastelt die EU derzeit an einer neuen Fassung ihrer Verordnung zur Verschiffung von Müll. Nach einem ersten Entwurf darf außerhalb der OECD dann nur noch vorsortierter Müll exportiert werden - damit bliebe die Türkei auf der Liste möglicher Ziele. Innerhalb der EU sollen die Hürden einer freien Zirkulation von Abfällen dagegen abgebaut werden, um eine Kreislaufwirtschaft zu erleichtern. Dies stößt auch auf Kritik: Wegen der offenen Grenzen gebe es in der EU nur allgemeine Straßenkontrollen, mahnt das UBA. »Wilde Deponien können nur durch die Aufmerksamkeit der Behörden vor Ort verhindert werden.« Jedelhauser vom NABU verweist auf dokumentierte Fälle aus Polen und Rumänien: Dort sei es teilweise sogar zu mutwilligen Deponiebränden gekommen.
Der BDE-Vorsitzende Kurth sieht in Deponien »die schlechteste denkbare Lösung«. Illegale Exporte seien Straftaten, sie gehörten unterbunden und sanktioniert. »Wir haben keine Chance, für legale, vernünftige Exporte gesellschaftliche Akzeptanz zu finden, wenn nicht gegen illegale Exporte mehr getan wird.« Auch Greenpeace lehnt eine »thermische Verwertung« ab: »Solange es die Legitimation gibt, Verbrennungsanlagen zu bauen oder neuerdings auch chemisches Recycling durchzuführen, wird es die Legitimation geben, nicht verwertbare Verpackungen herzustellen«, sagt Santen. Stattdessen müsse die Plastikproduktion drastisch gedrosselt werden und die Nachhaltigkeitsabteilungen der Produzent*innen sich beim Verpackungsdesign gegen das Marketing durchsetzen. Einen ersten Vorstoß zur Erhöhung der Recyclingquote machte der Bundestag im Mai: So liegt der gesetzlich vorgeschriebene Anteil an PET-Rezyklat in Einwegflaschen ab 2025 bei mindestens 25 Prozent, ab 2030 bei 30.
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