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Argentinien drängt auf Umschuldung

Präsident Alberto Fernández will vom IWF Streckung der Zahlungsfristen ohne Strukturanpassung

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 3 Min.
Wachsende Armut: Argentinien Regierung will bei den Umschuldungsverhandlungen mit dem IWF einen Spielraum für effektive Sozialpolitik aushandeln.
Wachsende Armut: Argentinien Regierung will bei den Umschuldungsverhandlungen mit dem IWF einen Spielraum für effektive Sozialpolitik aushandeln.

»Das Wort Anpassung ist aus der Diskussion mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) verbannt, für uns heißt das Geheimnis Wachstum.« Am Mittwoch erteilte Argentiniens Präsident Alberto Fernández einer Sparpolitik zur Schuldentilgung beim IWF eine klare Absage. Eine nachhaltige Tilgung der Verbindlichkeiten könne nur mit einer Wachstumsstrategie und steigenden Reallöhnen geleistet werden, so der Präsident bei der Vorstellung der Verhandlungsposition gegenüber dem IWF.

2018 gewährte der Fonds der damaligen liberalkonservativen Regierung von Präsident Mauricio Macri einen Kredit in Höhe von 57 Milliarden US-Dollar, von denen 44 Milliarden ausgezahlt wurden. Es ist das mit Abstand größte Kreditprogramm, das der IWF jemals einem Mitgliedsland bereitgestellt hat. Bisher wurden rund 5,2 Milliarden US-Dollar an Kapital und Zinsen getilgt. 2022 werden rund 19 Milliarden Dollar fällig, 2023 weitere 20 Milliarden und 2024 nochmals fünf Milliarden Dollar. Konsens ist, dass diese Summen nicht getilgt werden können.

»Der Fonds selbst hat erklärt, es sei unverständlich, wie ein solcher Kredit mit solchen Bedingungen überhaupt vergeben werden konnte«, ergänzte Präsident Alberto Fernández und bezog sich auf eine kurz vor Weihnachten vom IWF veröffentlichte Ex-Post-Bewertung des Rekordkredits. Der damalige Kredit habe in erster Linie darauf abgezielt, das Vertrauen der Märkte durch den Abbau des Haushaltsdefizits, der Verringerung der Inflation und der Erhöhung der Devisenreserven zurückzugewinnen, heißt es darin. »Keines der Ziele wurde erreicht. Das Programm war ein Fehlschlag«, so das auffallend selbstkritische Fazit des IWF.

Dass der Schuldendienst auf wackeligen Beinen stand, war dem IWF jedoch bereits im Oktober 2018 klar. »Die allgemeine Einschätzung der IWF-Mitarbeiter ist, dass die Schulden Argentiniens nachhaltig sind, jedoch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit«, heißt es in der ersten Ex-Post-Bewertung des Fonds. Solche Aussagen und Bewertungen stärken heute die Verhandlungsposition der Regierung in Buenos Aires.

Die Schuldenneuverhandlung gestaltet sich schwierig. Gerade beim Thema Anpassungs- und Sparpolitik gebe es noch immer keine Einigung, erklärte Wirtschaftsminister Martín Gúzman. »Die wirtschaftliche Erholung des Landes hat für uns oberste Priorität«, bekräftigte auch Gúzman. Erst müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Schulden überhaupt tilgen zu können, so der Wirtschaftsminister. Deshalb sollte die jährliche Schuldentilgung auf ein Maß reduziert werden, das Investitionen durch den Staatshaushalt und zugleich einen finanziellen Handlungsspielraum für eine effektive Sozialpolitik erlaube. Da die IWF-Statuten einen Schuldennachlass ausschließen, setzt die Regierung auf die Verlängerung der Fristen sowie eine Reduzierung der jährlichen Tilgungen.

»Die von Macri verursachte Auslandsverschuldung wird Generationen von Argentiniern und die nächsten Regierungen belasten«, erklärte Innenminister Wado de Pedro. Doch trotz aller Kritik bemüht sich die Regierung um die Unterstützung der politischen Opposition. Jedes neu ausgehandelte Programm mit dem IWF muss vom Kongress gebilligt werden. Und dort stellt seit der Neuwahl im vergangenen November die Opposition die Mehrheit, auch wenn sie im Abgeordnetenhaus in zehn Fraktionen von rechtsextrem bis linksrevolutionär zersplittert ist. Das erste Ausrufezeichen der neuen Machtverhältnisse wurde im Dezember bei der Debatte um den Haushaltsentwurf 2022 gesetzt. Trotz eifriger Bemühungen der Regierung lehnte die Opposition den Entwurf im Abgeordnetenhaus geschlossen ab. »Wenn der Haushalt abgelehnt wird, scheitert das Abkommen mit dem IWF«, hatte Präsident Alberto Fernández noch gewarnt. Nach der Abstimmungsniederlage bemühte sich der Präsident per Videoschalte bei IWF-Chefin Kristalina Georgiewa um Schadensbegrenzung.

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