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Für Klimaschutz in den Knast
HEISSE ZEITEN - Die Klimakolumne: Warum die Haftstrafe für Aktivistin Ella ein politisches Urteil ist
»Wir sind so dankbar, dass ihr das macht.« - »Toll, dass ihr euch engagiert«. Solche Sätze hören wir seit 2019 regelmäßig. In jenem Jahr wurde durch Fridays for Future (FFF) und weitere Gruppen die Klimakrise zu einem der am meisten diskutierten Themen in Deutschland. Man könnte meinen, dass alle Menschen nur darauf gewartet hätten, dass Klimaschutz in Deutschland endlich angegangen wird, so groß schien die Euphorie.
Aber immer mehr Menschen, die sich für Klimaschutz einsetzen, müssen sich die Frage stellen, bis wohin diese Begeisterung reicht und ab wann sie in Missbilligung umschwenkt. Bereits FFF erhielt viel Kritik für die gewählte Aktionsform, den Schulstreik. Aber das war noch nichts im Vergleich zu dem, was Aktivist*innen im Hambacher Wald und im Dannenröder Wald am eigenen Leib erleben mussten. Allen voran Ella. Sie setzte sich gegen die Autobahn A49 ein, für die der Wald gerodet werden sollte, und setzte sich im wahrsten Sinne des Wortes dafür auf Bäume und somit den Rodungsmaschinen in den Weg. Der Plan ging auf: Die Aufmerksamkeit für den Dannenröder Wald nahm zu. Aber dann wurde Ella verhaftet. Im Juni 2021 wurde sie zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt und sitzt seitdem im Gefängnis. Die Berufungsverhandlung soll am 17. Januar beginnen. Sollte an Ella ein Exempel statuiert werden?
»Klimaschutz ja, aber so doch nicht«, lautete die Devise, die aus dem CDU- und FDP-Milieu zu hören ist. Damit meinen sie alle Aktionsformen, die über eine angemeldete Demo hinausgehen, etwa die Aktionen von »Ende Gelände« in Kohlegruben oder die Blockaden bei der Internationalen Autoausstellung in München. Klimaschutz zu fordern sei vor allem dann okay, wenn mindestens 300 Meter vom Regierungsgebäude entfernt Sprechchöre gerufen werden und nach zwei Stunden Feierabend ist.
Meldungen über gewaltbereite Klimachaoten im Dannenröder Wald, die gerne von Politiker*innen aufgegriffen wurden, weichen meilenweit von meiner Erfahrung ab: Ich traf bei diesen Protesten Menschen, die ihre Zukunft verteidigen wollen. Die wussten, dass es eine Untat ist, in Zeiten von Hitzesommern und Dürrejahren einen Wald zu roden. Und die sich sicher waren, dass es Alternativen zur Autobahn gab. Genauso war ihnen klar, dass es nicht genug Menschen interessieren würde, wenn sie in Berlin demonstrieren. Deshalb wählten sie eine andere Aktionsform: konfliktreicher, kontroverser, mehr Aufmerksamkeit bringend.
Wenn Aktivist*innen nicht mehr nur Demonstrationen in Berlin organisieren, sondern zur Autobahnbaustelle gehen, wird es natürlich ungemütlich für die politisch Verantwortlichen. Plötzlich drohen dem Autoprojekt negative Schlagzeilen oder sogar Mehrkosten durch Verzögerungen im Bau. Was tun? Auf inhaltlicher Ebene kann die Auseinandersetzung nur schwer gewonnen werden: In diesen Zeiten gesunde Mischwälder zu fällen, bringt keine gute PR. Da ist es für Autobahnbefürworter*innen mit wirtschaftlichem Interesse leichter, diejenigen zu diskreditieren, die sich gegen das Projekt wenden. Sie argumentieren: Es gibt gute und schlechte Aktionsformen. Sich von einem Baum räumen zu lassen und dabei wegzuklettern, das ist eine schlechte. So die Argumentation des Richters, der Ella verurteilte.
Wenn es keinen ersichtlichen Grund gibt, warum ein Mensch verurteilt wird, ist es ein politisches Urteil. Der vermeintliche Tritt, der Ella vorgeworfen wird, ist in Videos nur schwer erkennbar und geht im Gerangel zwischen Ella und zwei SEK-Beamten unter. Fest steht, dass kein Beamter getroffen wurde. Stattdessen ist zu sehen, wie die Beamten an Ella zerrten, in ihre Sicherung eingriffen, mit ihren Karabinern auf ihre Hände schlugen und sie festbanden.
Ein Urteil ist auch dann politisch, wenn Industrie und Konzerne Angst haben, dass Aktionen wie im Dannenröder Wald noch zunehmen und sie daher ein Exempel statuieren wollen, das andere abschreckt. Und es ist auch ein politisches Urteil, wenn die Beweggründe der Person, die offensichtlich eine Überzeugungstat beging, nicht in die Beurteilung einfließen - obwohl selbst das Bundesverfassungsgericht anerkannt hat, dass die Zerstörung der Lebensgrundlagen der künftigen Generation rechtswidrig ist.
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