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Solide wird zum Modewort der Biathleten

Die deutschen Sportler bleiben beim Heimweltcup erfolglos. Vor allem die Frauen schwächeln

Mit Platz vier im Sprint kam Johannes Kühn (l.) dem Oberhofer Siegerpodest noch am nächsten.
Mit Platz vier im Sprint kam Johannes Kühn (l.) dem Oberhofer Siegerpodest noch am nächsten.

Wer knapp vier Wochen vor dem Start der Olympischen Spiele von Peking mehr über den aktuellen Stand der deutschen Biathleten erfahren will, musste bei den Verantwortlichen des Deutschen Skiverbands am Weltcup-Wochenende in Oberhof schon ganz genau auf die Wortwahl achten. DSV-Präsident Franz Steinle sagte zwar: »Wir haben gezeigt, dass wir vorn mitlaufen können.« Das klang nach einer Menge Podestplatzierungen, doch »vorn mitlaufen können« hieß letztlich nur, dass diese möglich waren. Erreicht wurde in den sechs Wettbewerben im Thüringer Wald nicht eine einzige.

Auch Bundestrainer Mark Kirchner wählte am Sonntag nach dem Verfolgungswettbewerb der Männer eine schwammige Formulierung: »Mit fünf Leuten unter den ersten 25 kann man nicht unzufrieden sein.« Ganz zufrieden aber offenbar auch nicht. Tatsächlich hatte sein Team in der Breite die beste Leistung des Winters gezeigt. Doch bei Olympia werden sechste und achte Plätze wie jene von Roman Rees und Erik Lesser kaum bejubelt werden. Denn dann geht es um Medaillen, auch für den DSV, selbst wenn die Ansprüche seit Jahren Stück für Stück heruntergefahren wurden. Die Zeiten, da mindestens ein deutscher Athlet immer aufs Podium laufen sollte, sind längst vorbei. Aus »müssen« ist »wollen« geworden. Aus »Weltspitze bestimmen« nur noch »vorn mitlaufen können«.

Diese Entwicklung ist ebenso Ausdruck für eine gestiegene Wettbewerbsfähigkeit der internationalen Konkurrenz wie für schlechtere Leistungen im deutschen Lager. Es ist offensichtlich, dass Franzosen, Norweger, Schweden und Russen die Deutschen überholt haben. Zudem haben diese Nationen mehrere Läufer, die stets für Siege gut sind. Die fehlen dem DSV derzeit, auch wenn Johannes Kühn im Dezember ein Überraschungserfolg gelungen war.

In Oberhof wäre das Erik Lesser beinahe gelungen. Vor dem letzten Schießen der Verfolgung hatte er sich von Rang 15 bis auf Platz drei vorgearbeitet. Mit einer fehlerfreien Einlage wäre sogar der Sieg möglich gewesen. Doch er leistete sich zwei Fehler und wurde Achter, knapp eine Minute hinter Sieger Quentin Fillon Maillet aus Frankreich.

»Ich war in dieser Saison noch nicht in der Situation, dass es beim letzten Schießen mal ums Podest ging. War eine schöne Erfahrung, mal wieder das Vermögen zu haben, vorn mitzugehen. Das ist eine Bestätigung für meinen Formaufbau in Richtung Olympia«, fokussierte sich auch der 33-jährige Thüringer auf positive Signale, die ihm sein Körper derzeit sendet. »Vor dem letzten Anschlag habe ich eine Entscheidung getroffen: jung, frech und frisch zu schießen. Leider hatte ich dann einen Knick in der Optik. Alles in allem war es aber ein sehr vernünftiger Auftritt«, so Lesser.

Trotz der verpassten Siegchance war Bundestrainer Kirchner keineswegs sauer auf seinen Schützling. »Die Jungs müssen auch mal etwas riskieren. Im Feld fackelt keiner mehr. Da wird alles oder nichts geschossen«, verriet er die Marschrichtung, die er Lesser und Co. vorgegeben hatte. »Mit etwas Glück hätte es mit dem Podium klappen können.« Vernünftig, solide, Glück – Worte die mittlerweile zum regelmäßigen Vokabular des deutschen Biathlonteams gehören.

Bei den Frauen würde derzeit nicht mal Glück reichen, um in Medaillennähe zu kommen. In Abwesenheit der verletzten Franziska Preuß zeigten sich DSV-Starterinnen in Oberhof erschreckend schwach. Vor allem ihre Laufschwäche war ausschlaggebend dafür, dass beide Mixed-Staffeln am Samstag chancenlos waren, obwohl auch andere Nationen ihre besten Athleten schonten.

Wie weit die Frauen in Oberhof von der Weltspitze um die überragende Dreifachsiegerin Marte Olsbu Røiseland entfernt waren, zeigte das Verfolgungsrennen am Sonntagnachmittag. Vanessa Voigt verteidigte zwar Platz zwölf, auf der tiefen Strecke im Neuschnee verlor die 24-Jährige aber mehr als 15 Sekunden auf die Besten – in jeder der fünf Runden! »Ich weiß, dass es läuferisch nicht geklappt hat. Aber ich habe das Beste aus der Situation rausgeholt. Damit kann ich sehr zufrieden sein«, sagte Voigt. »Die Laufform wird wieder zurückkommen. Das weiß ich.«

Läuferisch mithalten kann nur Denise Herrmann. Doch die Oberwiesenthalerin hat jegliche Sicherheit im Schießen verloren. Im Verfolger musste sie achtmal in die Strafrunde. Keine andere Athletin hatte mehr zu laufen. »Die Unzufriedenheit ist extrem. Für einen 41. Platz bin ich nicht hierhergefahren«, zeigte sich die Weltmeisterin von 2019 sehr enttäuscht. »Ich weiß, dass ich es besser kann, und muss versuchen, den Resetknopf zu drücken.« Viel Zeit dafür bleibt nicht mehr.

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