- Kommentare
- Libyen
Schweigende Zustimmung
Mirco Keilberth über die Verhaftung Hunderter Migranten in Libyen
»Wir haben drei Monate lang gewartet, bis man uns wie versprochen hier herausholt, aber insgeheim habe ich jeden Tag damit gerechnet, dass so etwas wieder passiert.« Die Aussage eines Migranten aus dem Sudan über die brutale Razzia libyscher Sicherheitskräfte vom vergangenen Montag spricht Bände über das Leben in dem ehemals bei Gastarbeitern beliebten Libyen. Vor nicht einmal drei Monaten war Mohamed aus seiner mit Freunden angemieteten Wohnung in dem Stadtteil Gargaresch entführt worden, nun zwängten ihn Vermummte in einen gepanzerten Transportpanzer und brachen ihm bei der Aktion die Beine.
Wie schon bei der Räumung des Protests vor dem Hauptquartier des UN-Flüchtlingswerkes im Oktober ließen dessen Mitarbeiter sich nicht blicken. Kritische Stimmen von Diplomaten gegenüber der Regierung Dabaiba gibt es nur wenige, denn sowohl Nichtregierungsorganisationen als auch die Vereinten Nationen fürchten um ihre Visa und Arbeitsgenehmigungen für ihre Mitarbeiter.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Die Europäische Union keinen Gefallen, wenn sie diese menschliche Katastrophe ignoriert, denn schon bald könnten radikale Gruppen die Verzweiflung der Menschen wie schon 2014 für sich nutzen. Dabei gibt es einen Ausweg. Das derzeitige Machtvakuum kann mit massivem Sanktionsdruck auf die politischen Parteien und der Planung einer robusten EU-Wahlbeobachtermission - wie bereits 2012 und 2014 - beendet werden. Gut geplante Neuwahlen und die Legalisierung des Status von Migranten in Libyen wären nichts Neues. Es ist längst nur noch eine Minderheit von Migranten, die von Libyen aus nach Europa will. Doch indem die EU sie den Milizen überlässt und sich in Libyen nur oberflächlich engagiert, zwingt man die Menschen de facto dazu, in die Boote zu steigen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.