Nehammer will Stärke zeigen

Stefan Schocher über die Impfpflicht als Prestigeprojekt

  • Stefan Schocher
  • Lesedauer: 2 Min.

Selten hat auch in Österreich eine Frage so polarisiert wie die Impfpflicht. Und selten hat ein Gesetz eine solch breite Koalition zusammengeführt. Längst war es ein Projekt geworden, bei dem es vor allem darum ging, es gegen alle Widerstände, nicht nur den der FPÖ, eilig durchzubringen.

Die Maßnahme ist das erste große Gesetzesprojekt des neuen Kanzlers und ÖVP-Chefs Karl Nehammer. Nach den innenpolitischen Turbulenzen der vergangenen Monate steht der unter Zugzwang zu liefern, sich von der jüngeren Vergangenheit zu lösen. Sebastian Kurz hat ein Trümmerfeld hinterlassen: In seiner Ära war die Justiz politisiert, politische Konkurrenten waren auch persönliche Feinde. Hinweise auf haarsträubende Korruption galten als bösartige Intrigen. Und die Pandemie geriet zunehmend zur Profilierungsbühne eines Sonnenkanzlers, der in der Krise aber versagte.

Nehammer übernahm die Parteiführung nach einer Phase, in der faktenbefreite politische Schönwetterprognosen in der Pandemie und Realität weit auseinandergedriftet waren. Und eines kann sich die ÖVP derzeit nicht an ihrer Spitze leisten: Schwäche. Omikron hin oder her: Schwanken oder eine Kursänderung würden nach der Implosion des Kurz-Hypes und dem Prozess der Selbstzerfleischung schnell als Schwäche ausgelegt werden.

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