Verständnis für den rechten Soldaten

Offizier kritisiert im Prozess gegen Franco A. die Truppe

  • Joachim F. Tornau, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.

Die beiden Männer, die sich im Frankfurter Oberlandesgericht wiedersehen, haben viel gemeinsam. Beide sind Offiziere bei der Bundeswehr, in den frühen Dreißigern und zusammen haben sie beim deutsch-französischen Jägerbataillon im elsässischen Illkirch gedient. Doch gleichzeitig könnten sie unterschiedlicher kaum sein. Der eine sitzt auf der Anklagebank, weil er rechte Mordanschläge geplant und sich dafür eigens eine Tarnidentität als geflüchteter Syrer zugelegt haben soll. Der andere ist Zeuge und von erfrischender Deutlichkeit. »Ich möchte hier klarstellen«, betont er zum Abschluss seiner Aussage, »ich mache den Mund auf gegen rechts.«

Der 31-Jährige ist der letzte Zeuge, den der Staatsschutzsenat im Prozess gegen Franco A., den terrorverdächtigen Oberleutnant aus Offenbach, auf der Agenda hat. Und was der Soldat am Donnerstag berichtet, lässt nicht nur den Angeklagten schlecht aussehen, sondern auch die Bundeswehr. Gleich im ersten Gespräch, erzählt er, habe ihm Franco A. erklärt, dass ein Schwarzer »niemals Deutscher sein« könne. Hinterher habe er dann von ihm eine Mail weitergeleitet bekommen, in der die Shoah geleugnet worden sei.
Immer wieder hätten sie fortan diskutiert und Franco A. habe dabei sein rechtes Weltbild offenbart. Er habe behauptet, dass die Flüchtlingsmigration »von Zionisten und Amerikanern gesteuert« sei, dass es dabei um »Rache für den Zweiten Weltkrieg« und um die »Auslöschung der deutschen Rasse« gehe. Warum er das nicht seinen Vorgesetzten gemeldet habe, will die Verteidigung wissen. Das habe er durchaus, korrigiert der junge Offizier. »Ich habe mit meinem Disziplinarvorgesetzten darüber gesprochen, und es war im Bataillon hinlänglich bekannt«, sagt er. »Aber eine Relevanz, etwas zu unternehmen, wurde nicht erkannt.« Weil es zu viele Bundeswehrangehörige gebe, die ähnlich ticken würden wie der Angeklagte. Auch dort, wo er heute eingesetzt sei, habe er es in seinem unmittelbaren Umfeld mit zwei Soldaten zu tun, die mit Franco A. verbandelt seien.

Franco A. bremst sich

Den Angeklagten bringt all das sehr auf, wieder einmal. Unvollständig wiedergegeben fühlt er sich und gezielt schlecht gemacht – weil ihm der Zeuge einmal vergeblich die Freundin auszuspannen versucht habe. »Dann vernehmen wir die Frau doch«, kontert Senatsvorsitzender Christoph Koller kühl. »Sie können sie beim nächsten Mal gleich mitbringen.« Dass die Frau, mittlerweile mit Franco A. verlobt und Mutter dreier gemeinsamer Kinder, auf ihr Aussageverweigerungsrecht verzichtet, darf allerdings bezweifelt werden. Interessant wäre es: Sie ist die Schwester eines führenden Funktionärs der AfD-Jugend »Junge Alternative« in Sachsen-Anhalt, der als Bundeswehr-Offizier und Freund von Franco A. zeitweilig ebenfalls unter Tatverdacht gestanden hatte. Selbst jedoch ist sie Mitglied der Linkspartei.

Kurz setzt Franco A. an, seine vom Zeugen kolportierten Aussagen auch inhaltlich zu rechtfertigen. Doch dann tut er etwas, was normalerweise nicht seine Stärke ist: Er bremst sich. Vielleicht hat er etwas gelernt aus einem Prozesstag kurz vor Weihnachten, als von ihm aufgezeichnete Sprachmemos abgespielt worden waren. Über die angeblich jüdisch kontrollierten USA und ihr »dreckiges demokratisches System« sprach er darin, über die »Abstoßung« von Juden und Deutschen, die verschiedene Völker seien. Im Gerichtssaal hatte er das dann so offensiv verteidigt, dass ihm Richter Koller schließlich das Wort entzog.

Nach nun 24 Verhandlungstagen kann an der rechten Geisteshaltung von Franco A., auch wenn er selbst das nach wie vor bestreitet, kein Zweifel mehr bestehen. Und das Gericht glaubt, dass es auch sonst alles getan hat, um aufzuklären, was am Vorwurf der Anklage dran ist. Gerne hätte der Senat deshalb am Donnerstag die Beweisaufnahme geschlossen, um Anfang Februar mit den Plädoyers beginnen zu können. Doch das sehen die Verteidigung und insbesondere der Angeklagte ganz anders. Sie kündigen an, noch etliche Beweisanträge stellen zu wollen.

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