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Absurdes Feindbild BBC
Die britische Regierung kürzt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus ideologischen Gründen die Mittel
Die Ankündigung der britischen Kulturministerin kam nicht eben überraschend. »Die BBC-Rundfunkgebühr wird für die kommenden zwei Jahre eingefroren«, sagte Nadine Dorries am Montag im Unterhaus. Das heißt, dass die jährliche Gebühr, die alle britischen Haushalte entrichten müssen, bis 2024 nicht gemäß der Inflation heraufgesetzt wird - was einer drastischen Diät für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gleichkommt.
Die Sendeanstalt BBC hatte einen Angriff auf ihre Finanzen erwartet. Denn die Tories haben es seit langer Zeit auf die Öffentlichen abgesehen: Sie halten die BBC für einen ideologischen Gegner, einen einflussreichen noch dazu, und sie trachten seit vielen Jahren danach, der Organisation die Flügel zu stutzen.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Bei konservativen Briten gilt die BBC als unpatriotisch, linksliberal, auf London fokussiert, pro-europäisch und deshalb unfähig, die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung wiederzugeben - »abgehobene Champagner-Sozialisten«, wie es das Revolverblatt »The Sun« formuliert. In den vergangenen Jahren, spätestens seit dem Brexit und den darauffolgenden Kulturkämpfen, haben solche Angriffe einen Höhepunkt erreicht. Dabei geht es um einen Streit zwischen Vertretern traditioneller Werte - Familie, Nation, Armee - und jenen, die für die Rechte sexueller Minderheiten einstehen, die gegen Rassismus auf die Straße gehen oder einen ungeschönten Umgang mit der imperialen Vergangenheit Großbritanniens fordern. Laut ihren Kritikern zählt die BBC zu dieser Seite.
Nach dem Wahlsieg von 2019 boykottierte Boris Johnsons Regierung eine Zeit lang das prominente Radio-Nachrichtenprogramm »Today« - und zwar weil die BBC die Tories während des Wahlkampfs unfair behandelt habe. Diese Anschuldigung lässt sich jedoch kaum erhärten, im Gegenteil: Wie der konservative Journalist Peter Oborne damals schrieb, habe die Art der Wahlberichterstattung - die Themenwahl sowie die Prominenz, die gewissen Vorfällen eingeräumt wurde - eher den Tories genützt.
Das gilt auch für die BBC-Berichterstattung im Allgemeinen. Dass die Organisation eine linke Schlagseite habe, ist durch keinerlei Beweise belegt. Die Angestellten mögen in gesellschaftlichen Fragen eher dem linksliberalen Spektrum angehören, aber insgesamt vertritt die BBC eher eine konservative, regierungstreue Weltsicht. Zu diesem Schluss kommen zahlreiche Studien, die die Medienwissenschaftler Patrick Barwise und Peter York in ihrem Buch »The War Against the BBC« (2020) zitieren. Der heutige Vorsitzende der BBC, Richard Sharp, ist ein Geldgeber der Tory-Partei, und der Generaldirektor Tim Davie, der sein Amt im September antrat, war früher ein Tory-Gemeinderat.
Dennoch bleibt die BBC das Feindbild der Regierung und ihrer Unterstützer in der konservativen Presse. Vor einigen Tagen schrieb ein prominenter Kolumnist im »Daily Telegraph«, die BBC habe sich im Streit um die Lockdown-Verstöße des Premierministers »wie Fox News für Linke« verhalten.
Das Einfrieren der Rundfunkgebühr ist ein erster Schuss vor den Bug der BBC. Und das wird Folgen haben: In den kommenden zwei Jahren muss die Organisation Einsparungen von mehreren hundert Millionen Pfund vornehmen. Die Rundfunkgebühr beträgt derzeit 159 Pfund pro Jahr und Haushalt, also etwa 200 Euro. Daraus finanziert die BBC rund drei Viertel ihres Einkommens, das derzeit bei etwa 5 Milliarden Pfund pro Jahr liegt. Bereits im Lauf des vergangenen Jahrzehnts sind die finanziellen Mittel der BBC drastisch geschrumpft; inflationsbereinigt muss sie heute mit 30 Prozent weniger Geld auskommen als 2010.
Die Tories spielen auch seit langer Zeit mit der Idee, das gesamte Gebührenmodell der BBC über Bord zu werfen. Bis 2027 ist die Finanzierung über die Gebühren gesichert - dann läuft die entsprechende Gesetzesgrundlage aus. »Wie das künftige Finanzierungsmodell aussieht, ist Gegenstand von Diskussionen«, sagte Nadine Dorries diese Woche. Manchen Tories schwebt vor, dass man stattdessen BBC-Abonnements einführen könnte, so wie bei Netflix, oder dass der Rundfunk über einen staatlichen Zuschuss finanziert wird. Aber alle diese Varianten hätten zur Folge, dass die BBC wesentlich kleiner werden müsste.
Ob die Briten eine geschrumpfte BBC schätzen würden, ist eine andere Frage. Denn deren Programme sind nach wie vor sehr beliebt bei der Bevölkerung. Die Londoner »Financial Times« merkt zu den Absichten der Regierung an: »Trotz all ihrer Unzulänglichkeiten ist die BBC eine wesentliche Säule des britischen Kulturlebens und eine der bekanntesten Exportmarken des Landes.« Eine Umfrage von 2020 ergab, dass 62 Prozent der Bevölkerung die BBC als vertrauenswürdigste Nachrichtenquelle ansehen - damit schneidet sie mit großem Abstand besser ab als alle anderen Medienorganisationen.
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