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- »Graue Wölfe« in Deutschland
Eine Gefahr für Demokraten
Die nationalistischen »Grauen Wölfe« sind in der Türkei ein anerkannter Teil der politischen Elite, meint Ismail Küpeli
Die türkische extreme Rechte in Deutschland, bekannt als die Bewegung der »Grauen Wölfe«, schaffte es jüngst mit einer Reihe von Morddrohungen und Anschlagsplänen gegen linke Politiker*innen und Aktivist*innen wie Sevim Dağdelen und Civan Akbulut wieder in die Schlagzeilen. Zuvor trat die türkische extreme Rechte bei antiisraelischen Protesten in Deutschland im Mai 2021 sehr öffentlichkeitswirksam auf. Sie war offensichtlich ein wichtiger Teil der Gesamtmobilisierung dieser Aktionen. Diese nicht zu übersehenden Aktivitäten der »Grauen Wölfe« führten dazu, dass mehr und mehr Journalist*innen sich mit ihnen beschäftigten und weitere Vorgänge bekannt machten - wie etwa die Unterstützung von Funktionären des Moscheeverbands DITIB für die »Grauen Wölfe«.
Während die extreme Rechte in der Türkei in einem gesellschaftlichen Kontext agieren kann, in der wichtige Bausteine ihrer Ideologie im Einklang mit der türkisch-islamischen Staatsideologie sind, ist die Situation für die türkische extreme Rechte in Deutschland anders. In der Türkei sind die »Grauen Wölfe« Teil der Herrschernation und als extrem rechte Akteur*innen Teil der politischen, gesellschaftlichen und medialen Eliten. Die Mehrheitsgesellschaft in der Türkei ist sehr empfänglich für ihre Ideologie. »Graue Wölfe« in Deutschland dagegen sind als Türkeistämmige Teil einer De-facto-Minderheit, die vielfach abgewertet und diskriminiert wird. Türkisch-nationalistische Kräfte müssen sich bedeckt halten, wenn sie in politischen, gesellschaftlichen und medialen Räumen agieren wollen. Die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland steht dem türkischen Nationalismus eher feindlich gegenüber - bestenfalls werden türkische Nationalist*innen ignoriert.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Diese grundlegend andere Situation hat Konsequenzen. So verschiebt sich die Funktion des türkischen Nationalismus für die Anhänger*innen: Während die Ideologie in der Türkei zur Legitimation und Sicherung der politischen Macht dient, trägt sie in Deutschland insbesondere zur Schaffung eines positiven Selbstbildes und einer Gruppenidentität bei. Aber auch die Ideologie selbst muss sich den gesellschaftlichen Realitäten in Deutschland anpassen. Dies ist in Bezug auf den Rassismus gegen Armenier*innen und Kurd*innen und den Antisemitismus besonders augenfällig: Während der antiarmenische und antikurdische Rassismus für die Mobilisierung nach »innen« eine gewisse Relevanz hat und keineswegs verschwunden ist, besitzen antiarmenische und antikurdische Erzählungen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft keine große Anschlussfähigkeit - vielmehr sorgen sie in der Kommunikation anderen politischen Akteur*innen für Irritationen und zusätzliche Probleme. So führte etwa die antiarmenische Mobilisierung in Europa im Zuge des Bergkarabach-Krieges 2020 - bei der türkische Nationalist*innen den Konflikt nutzten, um antiarmenische Angriffe etwa in Frankreich durchzuführen - zu einem stärkeren staatlichen Vorgehen gegen türkische Nationalist*innen in Frankreich und Deutschland.
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Anders ist die Ausgangslage beim Antisemitismus, insbesondere in der Erscheinungsform des israelbezogenen Antisemitismus, der gewissermaßen als eine Brückenideologie quer über gesellschaftliche Gruppen, politische Lager und identitäre Milieus funktioniert. In solchen antisemitischen Mobilisierungen sind türkische Nationalist*innen nicht mehr randständig, sondern Teil von größeren Allianzen und können sich entsprechend mit anderen Akteur*innen vernetzen.
Insgesamt bedarf es einer ständigen Beschäftigung mit den »Grauen Wölfen« in Deutschland, um die Veränderungen in ihrer Ideologie und Organisationsform analysieren zu können - und damit auch geeignete Gegenstrategien zu entwerfen, die diese Bewegung im Blick haben. Die Chancen dafür stehen heute viel besser als bis vor wenigen Jahren, als die »Grauen Wölfe« nur ein Thema für ein Handvoll Expert*innen waren.
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