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Mit politischem Kalkül: Bernd Neuendorf

Wie der SPD-Mann Bernd Neuendorf Präsident des DFB werden will

  • Daniel Theweleit, Hennef
  • Lesedauer: 4 Min.

Kalkül steckt wohl nicht dahinter, dass Bernd Neuendorf sich als Freund des mittlerweile ziemlich verklärten Fußballs vergangener Zeiten profiliert. Während Peter Peters, sein einziger Gegner bei der für den 11. März angesetzten Wahl zum nächsten Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), durch seine Arbeit im Ligaverband DFL und bei Schalke 04 eng mit der Kommerzialisierung des Sports verbunden ist, berichtet Neuendorf gerne von Erlebnissen aus dem vorigen Jahrhundert. In seinem Büro in Hennef, in der Zentrale des Fußballverbandes Mittelrhein, dessen Präsident er ist, hängt ein riesiges Schwarz-Weiß-Bild vom alten Aachener Tivoli - dort sei seine Liebe zum Stadionfußball einst entflammte, erzählt er. Während seines Studiums in Oxford war er zwar wie die meisten Studenten dort aktiver Ruderer, aber an den Wochenenden besuchte er den altehrwürdigen Manor Ground. Oxford United war 1985 in die höchste Spielklasse aufgestiegen, und Neuendorf nutzte die Spiele gegen die größten Klubs der Insel, um gelegentlich den elitären Zirkeln der Universität zu entfliehen.

»Als Fußball-Romantiker würde ich mich aber nicht bezeichnen«, stellt Neuendorf klar. Vielmehr möchte er Verbindungen schaffen zwischen Tradition und Moderne, zwischen Basis und Elite, zwischen Profis und Amateuren, zwischen Fraktionen, die sich seit Jahren streiten. Mit einem »kulturellen Wandel«, werde er die vielen Konflikte rund um den DFB befrieden und die alten Machtspiele beenden, um »den Fußball wieder in den Mittelpunkt zu rücken«, kündigt er an und sagt: »Meine Kandidatur ist ein Angebot für eine Herangehensweise, wie ich sie mir vorstelle: dass man den Verband ruhiger führt und nicht über jedes Stöckchen springt.«

Vielleicht ist dieser besonnen wirkende Mann tatsächlich der passende Kandidat für dieses Vorhaben, an dem seine Vorgänger krachend scheiterten. Allerdings ist es nicht so einfach, diesen kaum bekannten Menschen zu greifen, der sich gut auskennt in den Maschinenräumen der Macht.

In jedem Fall wirkt 61 Jahre alte Rheinländer sehr besonnen. Er denkt gründlich nach, bevor er antwortet, ist neugierig und will sich beispielsweise darüber unterhalten, wie der DFB mit all den Abgründen der anstehenden WM in Katar umgehen sollte. Der SPD-Politiker Christian Obrok, ein langjähriger Wegbegleiter, charakterisiert Neuendorf als »klugen Denker« und »hochgradig integrativen Charakter, der sehr strategisch, sehr politisch denkt und handelt«.

Der in Düren geborene Funktionär studierte Politikwissenschaften und Soziologie in Bonn und Oxford, absolvierte ein Volontariat bei der Agentur Reuters und arbeitete für die Parlamentsredaktionen verschiedener Tageszeitungen. Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde er 2003 SPD-Sprecher in Berlin, musste die umstrittenen Agenda-Reformen der Jahrtausendwende verkaufen, die die Partei jahrelang spalteten. »Ich bin schon vom Kurs Gerd Schröders überzeugt gewesen«, erzählt er. »Wir waren damals die Truppe, die gesagt hat: Wir finden das richtig.«

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Auch mit Olaf Scholz war er damals verbunden; der heutige Bundeskanzler war seinerzeit Generalsekretär der Partei. »Früher war es eine Selbstverständlichkeit, dass DFB-Präsidenten Zugang in Berlin hatten - ich glaube, das ist ein bisschen verloren gegangen«, sagt Neuendorf und deutet damit an, dass der Fußball von seinen Verbindungen ins Kanzleramt profitieren könnte.

2004 kehrte er nach Nordrhein-Westfahlen zurück und wurde zu einem Vertrauten der späteren Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Zunächst arbeitete er als Sprecher der Landes-SPD, dann ab 2007 als Landesgeschäftsführer und von 2013 bis 2017 als Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport. Neuendorf liebt die Oper und das Theater und pflegt heute als Vorstand der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung das geistige Erbe des großen SPD-Politikers. Im Umfeld des Düsseldorfer Landtages erzählt man sich, Neuendorf sei zwischenzeitlich das »organisatorische und intellektuelle Rückgrat«, der Landes-SPD gewesen.

Einen wirklich schlüssigen Umgang mit der für viele Beobachter entscheidenden Frage dieser Wahl hat er aber bisher nicht gefunden: Wie viel Macht wird der umstrittene Strippenzieher Reiner Koch unter dem neuen Präsidenten haben? Die beiden früheren DFB-Präsidenten Reinhard Grindel und Fritz Keller beschreiben Koch als Hauptverantwortlichen für den zerrütteten Zustand des Verbandes. Dieser sei laut Keller ein Mann, dem »jeglicher moralischer Kompass abgeht, der seit Jahren seine Intrigen schmiedet, Menschen innerhalb und außerhalb des DFB mit seinen Seilschaften massiv unter Druck« setze.

Peter Peters distanziert sich von Koch. Auch Neuendorf, der als Kandidat der Amateure Wahlfavorit ist, verspricht, ihm keinen Posten in seinem nahen Umfeld zu geben. Er sagt aber zugleich, er müsse sich erst »ein eigenes Bild machen, frei von dem ganzen Geklingel drum herum«. Er kenne das schlechte Image, »aber ich kann mich als Mensch nicht einfach auf die Seite der Koch-Gegner schlagen, ohne dass ich wirklich weiß, warum«. Für etliche der wahlberechtigten Delegierten aus der DFL und den Landesverbänden ist das Neuendorfs größte Schwäche.

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