• Sport
  • Olympische Winterspiele in Peking

Katharina Althaus springt voran

Nach Silber bei den Frauen und dem Debakel der Männer kommt nun der Mixed-Wettbewerb

  • Lars Becker
  • Lesedauer: 4 Min.

Normalerweise stehen die Skispringer um Karl Geiger viel mehr im Blickpunkt als ihre weiblichen Kolleginnen. Am Wochenende bei den Olympischen Winterspielen von Peking war das zumindest im deutschen Team umgekehrt. Während Goldfavorit Karl Geiger als 15. des olympischen Normalschanzenwettbewerbs enttäuschte, schrieb Katharina Althaus eine Erfolgsgeschichte der besonderen Art. Auch wenn sie statt der erhofften Goldmedaille »nur« Silber im Einzel gewann - wie schon bei Olympia 2018 und der Weltmeisterschaft 2019.

Im ersten Moment nach der Landung kamen Althaus die Tränen. »Ich habe mich irgendwie geärgert und gefreut gleichzeitig, und das war dann ein bisschen viel«, schilderte die Skispringerin ihre Gefühle. ARD-Experte Sven Hannawald witterte umgehend Betrug. Weil Althaus bei deutlich schlechteren Windbedingungen als die slowenische Olympiasiegerin Ursa Bogataj springen musste. Zumal in der Jury mit Miran Tepes ein Landsmann der Siegerin für den Start der Springerinnen zuständig war. Die 1,57 Meter große Athletin aus Oberstdorf jedoch zeigte Größe - und machte den Offiziellen um Tepes keine Vorwürfe.

Am Tag danach strich Katharina Althaus auch das »nur« - und ärgerte sich nicht mehr um das um winzige 110 Zentimeter verpasste Gold. »Ich bin mega, mega glücklich und dankbar. Mir haben so viele Leute geschrieben. Ich bin einfach stolz, eine Medaille gewonnen zu haben«, sagte sie am Sonntag. Es war schließlich auch die erste Medaille für das deutsche Olympiateam in Peking.

Skispringen ist eine Outdoorsportart. Und auf den Schanzen von Zhangjiakou in 1700 Meter Höhe ist neben guten Sprüngen das nötige Windglück wichtiger als auf vielen anderen Schanzen dieser Welt. Auch der neue Bundestrainer Maximilian Mechler freute sich genau wie Althaus über den ersten Erfolg unter seiner Ägide: »Ich kann schon verstehen, dass sie kurz enttäuscht war, weil die Chance da war. Aber wir sind überglücklich, dass es für Silber gereicht hat.«

Nach Problemen im Vorwinter ist Katharina Althaus nach dem Abschied des langjährigen Bundestrainers Andreas Bauer jetzt in der wohl besten Form ihrer Karriere. Im Sommer sei es mit dem neuen Cheftrainer Mechler erst ein bisschen »holprig« gewesen: »Wir mussten viel reden, aber dann hat mir der Trainerwechsel geholfen. Ich kann die Erfolge nach den letzten zwei Jahren viel mehr schätzen.« Wie all ihre Kolleginnen musste sich Althaus wegen Corona abschotten und konnte ihre Freunde nicht mehr wie gewohnt treffen: »Das war für mich ziemlich hart. Ich bin ganz, ganz schlecht im Alleinsein.« Passend dazu widmete sie das Silber auch ihrer Familie und ihrem Freund.

Die deutschen Männer erlebten am Sonntag bei ihrem ersten Auftritt in Peking eine wirkliche Enttäuschung, allen voran der im Gesamtweltcupührende Karl Geiger. Der Silbergewinner bei der Weltmeisterschaft auf dieser Schanze von 2021 war hier als Goldfavorit angetreten. Die Erfolgsserie von »Kleinschanzen-Karle«, wie er von seinen Kollegen scherzhaft genannt wird, riss jedoch. Als enttäuschter 15. musste Geiger zuschauen, wie ausgerechnet sein größter Konkurrent Ryoyu Kobayashi als Olympiasieger gefeiert wurde. Mit 275,0 Punkten holte der zweimalige Vierschanzentourneesieger aus Japan seinen ersten großen Einzeltitel vor den Überraschungsmedaillengewinnern Manuel Fettner (Österreich/270,8) und Dawid Kubacki (Polen/265,9). Bester Deutscher war vier Jahre nach dem Olympiasieg von Andreas Wellinger diesmal Constantin Schmid auf Rang elf.

»Ich habe alles auf eine Karte gesetzt und viel riskiert. Bei der WM im letzten Jahr ist diese Taktik aufgegangen, diesmal nicht«, kommentierte Karl Geiger: »Es fliegt einfach nicht und woran das liegt, weiß ich nicht.« Das ganze deutsche Skisprungteam der Männer hat nie so richtig einen Zugang zu dieser olympischen Normalschanze gefunden. Viel war vor den Winterspielen davon geredet worden, dass der Bakken in 1700 Metern Höhe den absprungstarken deutschen Skispringern eigentlich perfekt liegen müsste. Das Gegenteil war der Fall. Markus Eisenbichler erlebte als 31. ein Debakel und musste im Finaldurchgang sogar zuschauen.

Die Chance zur Revanche gibt es bei der olympischen Premiere des Mixedspringens schon an diesem Montag in Zhangjiakou. Nachdem Karl Geiger und Co. am Sonntag so sehr enttäuscht haben, ist plötzlich Katharina Althaus die Führungsfigur im deutschen Team. Deutschland hat bei den Weltmeisterschaften seit 2015 viermal in Folge den Titel im Mixedwettbewerb gewonnen, dreimal davon gehörte Althaus zum Team. Vielleicht gibt es ja auch für sie noch ein goldenes Happy End bei Olympia.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.