Fester Platz in der Republik

Forum für Islam in Frankreich soll Dialog erleichtern. Regierung half bei Bildung des Gremiums nach

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

Mehr als 80 Persönlichkeiten, die rund vier Millionen französische Muslime repräsentieren sollen, sind am Wochenende in Paris zur ersten Generalversammlung des neu geschaffenen Forums für den Islam in Frankreich zusammengekommen. Innenminister Gérald Darmanin begrüßte diese »neue Instanz für den nationalen Dialog« zwischen Vertretern der nach den Katholiken zweitgrößten Glaubensgemeinschaft in Frankreich und dem Staat. Der bisherige Dachverband Conseil français du culte musulman CFCM (Französischer Rat des muslimischen Glaubens) hatte sich Ende Januar selbst aufgelöst. Er war 2003 auf Initiative des seinerzeitigen Innenministers Nicolas Sarkozy gebildet worden, hat aber nie richtig funktioniert, weil die verschiedenen Mitglieder entweder auf die Türkei, auf Algerien oder auf Marokko ausgerichtet und untereinander zerstritten waren. Nachdem vor einem Jahr die drei wichtigsten Mitglieder, darunter die Große Mosche von Paris, ausgetreten sind, führte der SFCM nur noch ein Schattendasein.

Die Präfekte in den 100 Départements des Landes waren beauftragt worden, in ihrem Amtsbereich nach repräsentativen muslimischen Persönlichkeiten zu suchen, damit sie durch das für Religionsangelegenheiten zuständige Innenministerium für das neue Gremium vorgeschlagen werden konnten. Das letzte Wort über die Zusammensetzung hatten dann aber die Mitglieder selbst. Das Forum soll einmal im Jahr zu einer Generalversammlung zusammenkommen und bildet einen Rahmen für Gespräche zwischen Vertretern der Muslime und Repräsentanten des Staats. »Damit gibt es künftig als Kontaktpartner für die Regierung nicht mehr ein zentralisiertes Gremium, sondern für die verschiedenen Probleme einen Kreis von Kollektiven, die den Willen haben, gemeinsam mit uns zu konkreten Lösungen zu gelangen«, sagte Innenminister Darmanin.

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Was die Vertreter der französischen Muslime gegenwärtig besonders beschäftigt, machen die Themen der ersten vier von ihnen gebildeten Arbeitsgruppen deutlich. Eine beschäftigt sich mit dem Status und der Ausbildung von Imamen in Frankreich, eine zweite mit der Ernennung von Imamen als Seelsorger in der Armee und in den Gefängnissen, eine dritte mit den praktischen Konsequenzen des jüngst erlassenen Gesetzes über die Respektierung der Prinzipien der Republik und schließlich eine vierte mit dem Kampf gegen antimuslimische Hetze und Gewalt.

Ein fünftes Thema wurde zunächst ausgeklammerte. Es geht um die Finanzierung der Moscheen, ihrer Aktivitäten und ihrer Imame. Die ist heute sehr undurchsichtig und kommt, neben den Beiträgen der französischen Muslime, vor allem aus der Türkei, Algerien und Marokko. Dabei handelt es sich entweder offen um staatliche Beihilfe oder verdeckt um angebliche Spende einzelner Personen oder religiöser Institutionen. Die drei Länder haben zusammengenommen rund 300 Imame nach Frankreich delegiert. Für den Bau neuer Moscheen kommen auch größere Summen aus den Golfstaaten.

Eine weitere Finanzierungsquelle sind die kostenpflichtige Begutachtung der als »halal« - religiös erlaubt - befundenen Lebensmittel und die speziellen Reisebüros, die Pilgerfahrten nach Mekka organisieren. Dafür gewährt Saudi-Arabien den französischen Muslimen pro Jahr 25 000 Visa. Der Pauschalpreis für diese Reisen liegt bei 5000 bis 7000 Euro pro Person. Aus dem Forum heraus wurde ein Vorschlag erneuert, für die Lebensmittelbegutachtung und für die Pilgerfahrten eine Association musulmane pour l‘islam de France AMIF (Muslimische Vereinigung für den Islam in Frankreich) zu gründen, wo diese Einnahmen zusammenlaufen. Doch das stieß auf den heftigen Widerstand der Vertreter der Großen Moschee von Lyon, die mit zwei weiteren Moscheen als einzige in Frankreich Gutachter für »Halal«-Lebensmittel ernennen darf.

In der Diskussion versicherte Innenminister Darmanin, dass der Staat für die Ausbildung französischer Imame sorgen wird. Das Recht zur Delegierung ausländischer Imame läuft 2024 aus. »Die meisten Muslime sind hier geborene Franzosen«, betonte der Minister, »und niemand würde verstehen, warum wir weiterhin über den Islam in Frankreich mit anderen Staaten verhandeln. Das würde doch den populistischen Parolen Auftrieb geben, wonach der Islam eine ausländische Religion ist, für Ausländer und aus dem Ausland finanziert.« Er betonte, der Islam sei »eine französische Religion wie jede andere«.

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