Grenzen der Partnerschaft

Der EU-Afrika-Gipfel sollte die Partnerschaft der beiden Kontinente wiederbeleben. Danach aber sieht es nicht aus.

  • Andreas Bohne
  • Lesedauer: 3 Min.

War etwas gewesen? Angesichts der mageren Ergebnisse des in der vergangenen Woche stattgefundenen Gipfels zwischen der Europäischen Union (EU) und der Afrikanischen Union (AU) in Brüssel ist die Frage berechtigt. Zwar gab es – gegenüber dem letzten EU-AU-Gipfel 2017 – diesmal eine Abschlusserklärung, aber die sechsseitige »Gemeinsame Vision für 2030« ist ein Paradebeispiel für rhetorische Oberflächlichkeit, fehlender Verbindlichkeit und einseitiger Meinungshoheit.

Von einer »erneuerten Partnerschaft« ist darin die Rede, die mit Worthülsen und Phrasen unterlegt wird. Ein Beispiel gefällig? »Unsere erneuerte Partnerschaft befasst sich sowohl mit den unmittelbaren Chancen und Herausforderungen als auch den langfristigen Möglichkeiten, die unsere Partnerschaft bietet«, heißt es in dem Papier. Wenn in der Erklärung von »wir« gesprochen wird, ist schnell herauszulesen, wer hier am Schreiben, Diktieren und Formulieren war: Die Richtung geben die Europäer vor, so beispielsweise in den Kapiteln der Erklärung unter anderem zu den Themen Impfstoffverfügbarkeit, Migration, Sicherheitspolitik und zum Infrastrukturpaket »Global Gateway«. Inhaltlich ausgestaltet ist aber keiner der Punkte; der Text schwankt zwischen Verweisen auf bereits getätigte Zusagen und Absichtserklärungen ohne viel Substanz.

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Bereits eingeschlagene Pfade werden verfestigt. Das verdeutlicht der »Global Gateway«. Diese geopolitische und -ökonomische Initiative soll der chinesischen »Neuen Seidenstraße« Konkurrenz machen, um insbesondere die Infrastruktur für erneuerbare Energien und digitalen Transformation auf- und auszubauen. Ob die im Raum stehenden 150 Milliarden Euro in den kommenden Jahren überhaupt frisches Geld sind, bezweifeln viele Beobachter*innen. Eher wird von einer Verschiebung und Umschichtung von Geldern ausgegangen. Außerdem soll privates Kapital »mobilisiert« werden. Damit wird die Finanzialisierung der Entwicklungspolitik fortgeschrieben. Sowohl Entwicklungsministerien als auch multilaterale Institutionen wollen mit ihren öffentlichen Geldern das Kapital privater Unternehmen für die Erreichung entwicklungspolitischer Ziele anlocken, indem sie Risiken übernehmen oder Projekte kofinanzieren. Dafür bedarf es aber deregulierte makroökonomische Rahmenbedingungen und ausreichende Renditechancen in den Zielländern. Und über spezifische Projekte ist bisher kaum etwas bekannt.

Ausdruck der Allgemeinplätze war auch die Pressekonferenz von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Und das trotz der bestehenden »Latte an Herausforderungen«, wie er den gegenwärtigen Stand in den europäisch-afrikanischen Beziehungen charakterisierte. Wie diese Latte übersprungen werden soll, machte er im Anschluss klar und verfiel in das altbekannte Muster der einseitigen Meinungshoheit. Europa hat den afrikanischen Staaten »ein aufrichtiges Kooperationsangebot unterbreitet«, ließ der Kanzler verlauten.

Wie widersprüchlich das aussieht, zeigt sich in einem der umstrittensten Punkte: die Covid-19-Impfstoffproduktion. Scholz kündigte die Abgabe von weiteren Impfdosen an COVAX an, obwohl die Initiative, die einen weltweit gerechten Zugang zu Impfstoffen gewährleisten will, aufgrund ihres karitativen Charakters seit Beginn massiver Kritik unterliegt. Einem TRIPS-Waiver, also einer Aussetzung von Patenten, wird dagegen eine Absage erteilt. Die angestrebte Impfstoffproduktion »Made in Africa« soll durch die finanzielle Förderung des WHO-mRNA-Hub in Südafrika und mobile Produktionsanlagen der deutschen Firma Biontech in Ruanda, Senegal und eventuell Südafrika unterstützt werden. Auch wenn die Weltgesundheitsorganisation am zweiten Gipfeltag erste Erfolge vermelden konnte, bleibt ein Waiver mehr denn je notwendig, um die Produktion durch einen Wissens- und Technologietransfer schneller zu starten. Auch die mobilen Biontech-Anlagen werden weder zu einer schnellen Erzeugung, noch zu einem Transfer führen, wo doch immer wieder eine enge wirtschaftliche Kooperation zu beiderseitigem Vorteil und die gemeinsame Bekämpfung der Pandemie – auch während des Gipfels – propagiert wurde. Aber irgendwo muss die »erneuerte Partnerschaft« ihre Grenzen haben.

Andreas Bohne ist Leiter des Afrikareferats der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

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