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Gebeugtes Völkerrecht
Cyrus Salimi-Asl über türkische Drohnenangriffe in Nordsyrien
Erneut hat die Türkei den Norden Syriens mit einer Drohne angegriffen - und erneut hat sie damit bewiesen, dass sie auf das Völkerrecht pfeift. Bombardiert wurde ein Kleinbus auf der Straße zwischen den Städten Qamischli und Amude im Nordosten des Landes. Vier Personen wurden verletzt, berichtete die kurdische Nachrichtenagentur ANF. Ein Angriff mit Waffen auf einen anderen Staat ist und bleibt eine nach internationalem Recht illegitime Handlung. Sicher war der türkischen Regierung bewusst, dass in diesem Moment alle Welt in die Ukraine schaut - und nicht nach Syrien.
In der syrischen Grenzregion schaltet und waltet die Regierung in Ankara seit langem nach Gutdünken, greift, kraft ihrer militärischen Fähigkeiten, die kurdische Autonomieregion im Nordosten regelmäßig an. Es war bereits der dritte Drohnenangriff der Türkei auf Fahrzeuge in der Nähe von Amude in diesem Monat. Die Drohnenangriffe sind Teil einer türkischen Strategie, die Zivilbevölkerung in der kurdischen Autonomieregion mittels Kriegsführung geringer Intensität zu vertreiben. Und als Mitglied der Nato hat sich die Türkei selbst einen Freifahrtschein ausgestellt, militärisch in Syrien einzugreifen, wann sie es für erforderlich hält. Da niemand »Halt!« ruft und die Türkei in die völkerrechtlichen Schranken weist, schert diese sich einen Dreck um die Opfer oder das Recht. Von den Nato-Verbündeten sind allenfalls schwache Einwände zu hören, Folgen haben die völkerrechtswidrigen Drohnenangriffe für die Türkei nicht.
Das Schweigen gegenüber den Militäraktionen der Türkei gibt denen Munition an die Hand, die heute den russischen Angriff auf die Ukraine kleinreden oder gar legitimieren. Bei Berücksichtigung aller Unterschiede der Ereignisse bleibt festzuhalten: Doppelte Standards in den internationalen Beziehungen unterminieren die Wirkmächtigkeit verbindlicher Regeln und bergen die Gefahr, dass auch andere diese Regeln großzügig nach eigener Lesart auslegen.
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