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Russische Führung befiehlt Ausweitung des Kriegs
Kiew lehnt Verhandlungen mit Putin zu dessen Bedingungen ab. Moskau fordert neutralen Status der Ukraine. Deutschland genehmigt Lieferung von Abwehrwaffen an die Ukraine
Russland hat am Samstag eine Ausweitung seines Angriffskriegs in der Ukraine angekündigt. Den Streitkräften sei befohlen worden, nunmehr »die Offensive in alle Richtungen zu erweitern«, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Begründet wurde der Befehl damit, dass die Ukraine Verhandlungen mit Russland abgelehnt habe.
Der Kreml behauptete, die Ukraine habe am Samstag Friedensverhandlungen mit Russland abgelehnt. Daher werde der »Vormarsch der wichtigsten russischen Streitkräfte« wieder aufgenommen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die ukrainische Führung dementierte. »Ihre Kommentare, dass wir Verhandlungen abgesagt hätten, sind lediglich Teil ihrer Taktik«, sagte Präsidentenberater Mychajlo Podolak. Russland fordert in etwaigen Verhandlungen einen neutralen Status der Ukraine und den Verzicht auf einen Nato-Beitritt. Die Ukraine spricht von inakzeptablen Bedingungen, unter denen sie nicht an den Verhandlungstisch gehen werde.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief seine Landsleute in Videobotschaften zur Abwehr russischer Angriffe auf. Nach Angaben des Innenministers wurden 25.000 automatische Waffen sowie zehn Millionen Patronen an Einwohner Kiews ausgegeben. In Kiew leben rund 2,8 Millionen Menschen.
Kämpfe gab es auch um Odessa, Mariupol und andere Städte im ganzen Land. Selenskyj berichtete in einer Videobotschaft über andauernde Kämpfe in Kiew und anderen Landesteilen. Russische Truppen wollten das Stadtzentrum von Kiew einnehmen und »hier ihre Marionetten installieren«, warnte er. »Mehr als 100.000 Eindringlinge sind in unserem Land«, schrieb das Staatsoberhaupt am Samstag bei Twitter. Laut US-Geheimdienstinformationen haben die russischen Streitkräfte bisher etwa die Hälfte ihres an den ukrainischen Grenzen aufgefahrenen Potenzials zum Einsatz gebracht.
Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew sagte, dass Russland trotz westlicher Sanktionen den Einmarsch in die Ukraine nicht abbrechen werde. »Die Militäroperation zum Schutz des Donbass wird vollständig und bis zum Erreichen aller Ergebnisse durchgeführt. Nicht mehr und nicht weniger«, schrieb der Vize-Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats im sozialen Netzwerk Vkontakte. Diplomatische Beziehungen zum Westen seien »nicht besonders erforderlich«. Es sei an der Zeit, »die Botschaften mit Schlössern zu verschließen«. Nach der Suspendierung Russlands aus dem Europarat brachte er zudem die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel.
Am Sonnabend haben russische Truppen einen strategisch wichtigen früheren Flugplatz im Süden des Landes eingenommen. Wie die Gebietsverwaltung der Großstadt Berdjansk mitteilte, befindet sich schweres russisches Militärgerät auf dem Airport. Die Stadt ist Medienberichten zufolge von russischen Truppen eingeschlossen, die von dort weiter auf Mariupol vorrücken und die Stadt in die Zange nehmen könnten. Mariupol liegt in der Nähe der ostukrainischen Separatistengebiete und ist der letzte wichtige Hafen unter ukrainischer Regierungskontrolle am Asowschen Meer. Die Behörden verhängten eine Ausgangssperre.
Die Bundesregierung hat sich für eine »gezielte und funktionale« Einschränkung des internationalen Zahlungssystems Swift ausgesprochen. Es werde »mit Hochdruck« daran gearbeitet, wie eine Abkopplung Russlands von Swift so eingegrenzt werden könne, »dass sie die Richtigen trifft«, erklärten Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne. Die Bundesregierung ändert zudem ihre Politik bei Waffenexporten und unterstützt die Lieferung von Panzerfäusten aus deutscher Produktion in die Ukraine. Die Regierung habe der Lieferung von 400 in Deutschland hergestellten Panzerfäusten durch die Niederlande zugestimmt, hieß es am Samstag aus Regierungskreisen. Demnach wurde auch die Ausfuhr von 14 gepanzerten Fahrzeugen genehmigt. Zudem sollten bis zu 10.000 Tonnen Treibstoff über Polen in die Ukraine geliefert werden. Weitere Unterstützungsleistungen würden geprüft. Generell lehnt es die Bundesregierung ab, »tödliche« Waffen in Krisengebiete zu liefern.
Zur Verstärkung der Ostflanke der Nato verlegt das Militärbündnis Kräfte der schnellen Einsatztruppe NRF in das ukrainische Nachbarland Rumänien. Das bestätigte die belgische Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder. Konkret kündigte sie die Entsendung von 300 Soldaten an.
Unterdessen sind an den ersten beiden Tagen der Invasion etwa 75.000Menschen aus der Ukraine nach Polen geflüchtet, sagte der deutsche UNHCR-Sprecher Chris Melzer der dpa. Die polnische Regierung spricht von 100.000 Flüchtlingen, die seit Beginn der russischen Invasion nach Polen gekommen seien. Wegen der langen Staus auf der ukrainischen Seite der Grenze habe man sich entschieden, an allen Grenzpunkten auch Übergang für Fußgänger zu öffnen, sagte Polens Vize-Innenminister Pawel Szefernaker.
In zahlreichen Städten Europas demonstrierten Zehntausende Menschen für eine sofortiges Ende des Krieges. Für Sonntag sind weitere Aktionen angekündigt. Agenturen/nd
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