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Deutlich weniger Kapazität auf der U5
Wegen außergewöhnlichem Verschleiß bleiben Züge im Depot
Es ist eine unliebsame Überraschung für die Fahrgäste der U5 am Dienstag. Rund ein Drittel aller Fahrten auf der U-Bahn-Linie zwischen Hönow und Hauptbahnhof werden nur mit sogenannten Kurzzügen geführt. Statt mit regulär sechs verkehren sie mit nur vier Wagen. »Zurzeit verkehren nicht alle Züge in maximaler Zuglänge«, informieren die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) mit Lauftexten auf den Displays in den Bahnhöfen.
»Bei einer Routinekontrolle wurde bei einem Fahrzeug übermäßiger Verschleiß an der Federung festgestellt«, nennt BVG-Sprecher Jannes Schwentu den Grund auf nd-Anfrage. Deswegen würden nun alle Wagen überprüft. Es geht um elf Vier-Wagen-Züge des im zweiten Halbjahr 2017 an die BVG ausgelieferten Typs IK17. Der Hersteller Stadler Deutschland hatte diese Fahrzeuge ursprünglich für die sogenannten Kleinprofillinien U1 bis U4 entwickelt. Wegen akuten Fahrzeugmangels im Großprofil wurden sie für den Einsatz auf der U5 adaptiert. Unter anderem mussten der Wagenkasten höher gelegt und an den Seiten »Blumenbretter« genannte Ausgleichsprofile montiert werden. Denn auf den Linien U5 bis U9 sind die Züge breiter und auch die Bahnsteige liegen höher als im älteren Teil des Berliner Netzes. Im Fahrgastbetrieb verkehren die angepassten Fahrzeuge nur als Paar von zwei gekuppelten Vier-Wagen-Zügen.
Auf nd-Anfrage erklärt der Hersteller Stadler, dass die betroffene Komponente »ausschließlich in der Baureihe IK17 verbaut« verbaut worden ist. Somit sollte das Problem auf die elf Züge beschränkt bleiben. Die folgenden, von April 2018 bis September 2019 gelieferten 27 weiteren Züge vom Typ IK18, die sofort auf dem Kleinprofilnetz in den Einsatz kamen, wären also nicht betroffen. Ebenso weitere 14 Züge des Typs IK20, die im Jahr 2020 folgten. Sie fahren derzeit weiter auf der U5. Dass an den Fahrgestellen der anderen Bauserien dieses Problem noch nicht festgestellt worden ist, könnte daran liegen, dass sie noch jünger sind.
Bis Ende der Woche will die BVG mit der Kontrolle der Bauserie durch sein. Über die Ursachen kann von außen nur spekuliert werden. Es könnte sich um Material- oder Fertigungsfehler handeln. Die Federungen könnten aber auch fehlerhaft konstruiert worden sein. Die für das Berliner U-Bahn-Netz bestellten neuen Baureihen J und JK dürften von dem Problem mit der Komponente glücklicherweise auch nicht betroffen sein. Laut Stadler orientieren sie sich am bereits ausgelieferten Typ. 606 Wagen sind für rund 1,2 Milliarden Euro fest bestellt, die ersten Fahrzeuge sind bereits in Produktion und sollen zum Jahresende bei der BVG eintreffen.
Bereits die ab 1994 beschafften Baureihen H und HK der U-Bahn waren von einem Serienschaden betroffen. Bei 400 Wagen mussten ab 2009 nach und nach die Radsatzlager ausgetauscht werden. Damals ohne große Ausfälle - es gab noch eine deutlich größere Wagenreserve.
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