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Nordafrika und der Sahel im Sog des Krieges
Der Krieg in der Ukraine bringt im Land mehrere Hunderttausend Menschen aus afrikanischen oder arabischen Ländern in die Bredouille
Libysche und tunesische Medien berichten über die am Montag angelaufenen Evakuierungsaktionen von Landsleuten. 200 Studenten waren am Montag von einem Flugzeug der tunesischen Luftwaffe aus Rumänien in die Heimat ausgeflogen worden. Die libysche Botschaft in der slowakischen Hauptstadt Bratislava warnte aus Kiew fliehende Landsleute vor der Gefahr von Luftangriffen. Man solle mit den derzeit noch verkehrenden Zügen reisen, so ein Sprecher.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Viele der mehreren Hunderttausend Menschen aus afrikanischen oder arabischen Ländern haben Probleme, in die überfüllten Züge gelassen zu werden, die derzeit von Kiew oder Charkiw nach Rumänien, Polen oder in die Slowakei fahren. »Die russische Armee bombardiert Wohngebiete und hat die Zivilbevölkerung aufgefordert, die Städte zu verlassen. Aber wie? Ich habe Berichte von Freunden gehört, die von ukrainischen Uniformierten daran gehindert wurden, die Züge zu besteigen«, berichtet die Studentin Asma aus Tunis. Die Ukraine ist ein beliebtes Ziel von Studenten und Arbeitssuchenden aus Nordafrika, dem Tschad, Sudan und anderen Ländern der Region, da es zusammen mit Serbien das einzige europäische Land ist, das kein Visum verlangt und mit niedrigen Lebenshaltungskosten lockt.
Über 2000 Tunesier und über 10 000 Menschen aus anderen afrikanischen Ländern sind bereits aus Charkiw, Odessa oder Kiew an den EU-Grenzen angekommen. Genaue Zahlen gibt es nicht, da die meisten Länder der Region keine diplomatische Vertretung in Kiew haben.
»Wir haben uns in einem Motel ohne funktionierende Heizung in der Nähe der polnischen Grenze einquartiert«, sagt der Student Mohamed Mejri am Telefon, über Facebook wartet er auf Nachrichten von der Botschaft Tunesiens in Bukarest.
Tarek Aloui, der Sprecher der »Gemeinschaft der Tunesier in der Ukraine« hat in den vergangenen Tagen Hilferufe ausländischer Studenten aus Odessa, Dniepr, Charkiw und Kiew erhalten. »Es ist ein logistischer Albtraum, sie über mehrere Hundert Kilometer unsicherer Straßen an die polnische Grenze zu bringen.«
Das Engagement Moskaus in Konflikten wie Libyen und Syrien und die Berichterstattung der arabischen Version des TV Senders »Russia Today« hat die politische Meinung in der Region über den Ukrainekrieg polarisiert. Die libysche Übergangsregierung hat nach dem Beginn des russischen Einmarsches ihre Solidarität mit der Ukraine erklärt. Der mit General Haftar verbündete Gegenpremier Fathi Baschagha hält sich mit Kritik an Moskau zurück. Die in Ost- und Zentrallibyen stationierten Söldner der russischen Sicherheitsfirma Wagner wurden am Wochenende auf dem südlibyschen Flughafen Brak Schati zusammengezogen, Wagner-Einheiten aus Mali und Syrien seien bereits in Kiew im Einsatz, berichten die Verteidiger der Stadt.
Die Auswirkungen des Krieges spüren die Libyer bereits im Supermarkt. Der Preis für Getreide und Brot ist in Tripolis bereits um ein Drittel gestiegen. Die Länder des Maghreb und des Sahel beziehen einen Großteil ihrer landwirtschaftlichen Importe aus der Ukraine und Russland. Rund die Hälfte des nach Ägypten gelieferten Weizens wird über ukrainische Häfen geliefert. Durch den Krieg in der Ukraine seien große Produktionsausfälle und Preissteigerungen von Weizen und anderen Grundnahrungsmitteln zu erwarten, warnt David Beasley, Direktor des Welternährungsprogramms. Und das, wo die seit Jahrzehnten längste Trockenperiode und Ernteausfälle in Marokko schon Versorgungsprobleme verursachen. Elf Jahre nach dem »Arabischen Frühling« braut sich ein gefährlicher Mix aus sozialen Spannungen zusammen.
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