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Fast alle einmal durchinfiziert

Immer weniger Berliner Kitas sind von Schließungen betroffen. Die Kritik an zu geringen Schutzmaßnahmen wird deshalb nicht leiser

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die Kranken kommen gerade alle nach und nach wieder zurück«, sagt Gabi Höner vom Landesverband sozialpädagogischer Fachkräfte zu »nd«. Höner selbst leitet eine Kita in Charlottenburg-Wilmersdorf. 65 Kinder, elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: »Die Omikron-Welle hatte uns richtig erwischt.«

Teilweise sei in den vergangenen Wochen gar nichts mehr gegangen. Gruppen mussten dichtgemacht werden, weil es nicht mehr genügend nicht-infizierte Erzieherinnen und Erzieher gab. »Bis auf drei hatten sich alle Kolleginnen und Kollegen mit Corona infiziert«, sagt Höner. Bei den Kindern sah es kaum besser aus. »Wenn man so will, ist unsere Kita jetzt einmal durchseucht.« Ähnliches hört man aus vielen anderen Kitas.

Tatsächlich ist die Zahl der coronabedingt teilweise oder komplett geschlossenen Betreuungseinrichtungen in Berlin im Laufe des vergangenen Monats deutlich zurückgegangen. So waren nach Angaben der Senatsjugendverwaltung zuletzt 105 der rund 2820 Kitas von Komplett- oder Teilschließungen betroffen, Ende Januar waren es noch gut 370, mehr als dreieinhalbmal so viel.

Zugleich ist auch die offizielle Zahl der Corona-Infektionen in der kitarelevanten Altersgruppe der bis Vierjährigen rückläufig. Binnen eines Monats sank die Sieben-Tage-Inzidenz hier von über 1430 auf - Stand Mittwoch - 754. Dass der Wert mit Vorsicht zu genießen ist, weil viele Fälle schlichtweg nicht mehr statistisch erfasst werden, ist klar. Ein Abwärtstrend ist aber nicht von der Hand zu weisen. Hat sich also die Anfang Februar an den Kitas eingeführte Strategie bewährt, Kontaktpersonen von Infizierten nicht mehr in Quarantäne zu schicken, sondern täglich auf das Virus zu testen?

Kita-Leiterin Gabi Höner lacht kurz auf, dann sagt sie: »Die Schutzmaßnahmen sind doch nach wie vor null.« Eine flächendeckende Versorgung mit Raumlüftern etwa gebe es im Kita-Bereich bis heute nicht. Und die von der Jugendverwaltung über die Kitas an die Eltern verteilten Lolli-Tests würden »sowieso nichts taugen«, findet Höner: »Die schlagen ja in der Nase verlässlicher an als im Mund.«

Jugendsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) wird dabei nicht müde, die Lolli-Tests zu verteidigen. Im Bildungsausschuss erklärte sie jüngst, die verwendeten Schnelltests seien »das Beste, was auf dem Weltmarkt ist«. Zudem seien die Tests für Kita-Kinder ideal, jedenfalls besser, »als immer in der Nase mit den Stäbchen rumzubohren, in diesen kleinen Nasen«, und überhaupt »eine wahnsinnige Erleichterung beim Testen«.

Gabi Höner sagt, sie wie auch ihre Kollegen in der Kita und ihre Mitstreiter im Landesverband sozialpädagogischer Fachkräfte würden sich angesichts solcher Äußerungen mitunter verschaukelt vorkommen: »Das ist so frustrierend, erst recht, wenn dann in der Öffentlichkeit lediglich von ›Betreuung‹ in den Kitas die Rede ist, aber nie von Beziehungsarbeit oder vorschulischer Bildung.«

Dass jetzt viele Kita-Beschäftigte wieder genesen seien, sei schön und gut. An ihrem grundsätzlichen Ärger ändere das aber wenig, sagt Höner. Auch grassiere die Angst vor einer erneuten Infektion. Allen, so Höner, sei doch bewusst, »dass nach der Omikron-Welle irgendwann die nächste Welle kommt«. Es müsse jetzt bereits darum gehen, sich für den Herbst zu wappnen. »Unsere Forderung hier ist ganz klar: Die Kitas und deren Mitarbeiter müssen bei künftigen Entscheidungen und Plänen, von denen sie unmittelbar betroffen sind, endlich mit einbezogen werden.«

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