- Politik
- Präsidentschaftswahlen in Frankreich
Emmanuel Macron will’s wissen
Amtsinhaber tritt bei französischen Präsidentschaftswahlen gegen zehn Konkurrenten an
Mit einem drei Seiten langen Brief, den am Freitag alle Regionalzeitungen des Landes abdruckten, hat Emmanuel Macron seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit als Präsident bekanntgegeben. Freitagabend lief die gesetzliche Frist für die offizielle Anmeldung der Kandidaturen ab. Damit steht fest, dass zur Präsidentschaftswahl am 10. und 24. April elf Kandidaten antreten werden, die die nötige Zahl von 500 Unterschriften von Bürgermeistern oder Abgeordneten vorweisen konnten.
Zahlreiche kleine Kandidaten sind an dieser Hürde gescheitert, darunter die ehemalige sozialistische Justizministerin Christiane Taubira, die eine Sammlung der zersplitterten linken Kräfte versuchen wollte, aber kaum mehr als 100 Unterschriften bekam. Die wichtigsten Mitbewerber um das Präsidentenamt sind Valérie Pécresse von den rechten Republikanern, Yannick Jadot von der Partei der Grünen, Jean-Luc Mélenchon von der Bewegung la France insoumise, der kommunistische Parteichef Fabien Roussel, die sozialistische Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, sowie die Rechtsextremen Marine Le Pen und Éric Zemmour.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
»Ich bitte um Ihr Vertrauen für ein weiteres Mandat als Präsident der Republik«, wendet sich Macron an seine Landsleute. »In den zurückliegenden fünf Jahren haben wir gemeinsam eine Vielzahl von Prüfungen durchgestanden. Terrorismus, Pandemien, die Rückkehr der Gewalt, der Krieg in Europa: Selten war Frankreich mit einer solchen Anhäufung von Krisen konfrontiert. Wir haben sie mit Würde und Brüderlichkeit bewältigt«, stellt der Präsident fest. Er präsentiert sich in dem Brief an die Franzosen als »Garant ihrer Einheit und Sicherheit«. Gleichzeitig zeichnet er einige Linien für die nächsten fünf Jahre vor. Er wolle mit allen, die optimistisch sind wie er, »die Zukunft gestalten«.
Mit einem Hieb gegen Zemmour, den er nicht nennt, der aber wiederholt seine Nostalgie für das Frankreich der »goldenen« 30 Nachkriegsjahre zum Ausdruck brachte, betont Macron: »Es geht nicht darum, das Frankreich unserer Kindheit zurückzuholen, sondern die bestmöglichen Bedingungen für unsere Kinder und Enkel zu schaffen.« Macron zählt einige der Reformen auf, die es zu vollenden oder neu anzupacken gilt und räumt dabei ein: »Nicht alles, was ich in den zurückliegenden Jahren unternommen habe, ist gelungen, und manches würde ich aus heutiger Sicht sicher anders machen.«
Die verschiedenen Kandidaten haben auf die Erklärung des Präsidenten durchweg scharf reagiert. Die Rechtsextreme Marine Le Pen ist überzeugt, dass Macron »der Hauptschuldige aller Krisen der vergangenen Jahre in unserem Land« ist, von den Protesten der Gelbwesten über die von den Betroffenen zurückgewiesene Rentenreform bis zur jüngsten Energiepreisexplosion und dem Kaufkraftverlust der Löhne. »Ich werde alles tun für die nächsten fünf Jahre ohne Macron und mit mir im Elysée«, versichert sie.
Der Grüne Yannick Jadot zieht eine vernichtende Bilanz der Umweltpolitik von Macron und kritisiert, dass auf diesem Gebiet »keins der proklamierten Ziele erreicht« wurde und Frankreich in Europa »längst den Anschluss ans Spitzenfeld verloren« hat.
Der Kommunist Fabien Roussel stellt ironisch fest: »Nach fünf Jahren schickt Macron den Franzosen einen Brief, aber die explodierenden Rechnungen und die stagnierenden Löhne und Renten sind Monat für Monat harte Realität.« Er setze sich dafür ein, dass »die Menschen wieder Freude am Leben haben können«.
Die rechtsbürgerliche Kandidatin Valérie Pécresse verlangt, Macron müsse für sein »Missmanagement« im Präsidentenamt »zur Rechenschaft gezogen werden«. Angesichts der kriegerischen Entwicklungen in der Ukraine und Macrons Engagements für eine Beilegung dieses Konflikts argwöhnt sie, dass der noch amtierende Präsident darauf zählt, die Franzosen würden ihm diesen außenpolitischen Einsatz zugute halten und entsprechend könne er sich einen »Wahlkampf auf Sparflamme« leisten. Auf die Ankündigung, dass der Kandidat Macron vorläufig nur einige wenige Fahrten ins Land und ein Meeting in Marseille plant und dass er zu keiner Fernsehdiskussion mit anderen Kandidaten bereit ist, entgegnet Pécresse empört, die Franzosen dürften »nicht um eine echte demokratische Debatte gebracht« werden.
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