Es kann mehr als einen geben

Über Gegenpäpste und kontroverse Nachfolgekandidaten für Papst Franziskus

Der römische Papst ist tot. Mehrere Gegenpäpste amtieren. Allerdings mit überschaubarer Zahl an Anhänger*innen.
Der römische Papst ist tot. Mehrere Gegenpäpste amtieren. Allerdings mit überschaubarer Zahl an Anhänger*innen.

Während man sich in Rom nach dem Tod von Papst Franziskus neu orientieren muss, die Kardinäle aus der ganzen Welt zusammenkommen und das Konklave vorbereitet wird, ist man im US-Bundesstaat Kansas schon weiter. Michael II. wurde im Juni 2023 gewählt. Er ist der Nachfolger von Michael I., der über 30 Jahre als Papst über den »Vatikan im Exil« herrschte. Mit bürgerlichem Namen hieß Michael I. David Bawden und wuchs in einer streng katholischen Familie auf. Bawden war, wie mehrere andere Gegenpäpste der Gegenwart, unzufrieden mit den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils aus den 1960er Jahren. Schon vor seiner Papstwahl, die 1990 von Bawdens Eltern und sechs Gläubigen durchgeführt wurde, hatte er 1982 den damaligen Papst Johannes Paul II. für exkommuniziert erklärt. Der Vatikan ignorierte eine entsprechende Nachricht.

Was heute eher absurd wirkt, hat einen historischen Hintergrund. Vom dritten Jahrhundert bis ins 15. Jahrhundert gab es 42 Gegenpäpste. Gerade im Mittelalter war die Kirchenspaltung Ausdruck politischer Verwerfungen, etwa um 1400, als es Päpste in Rom, Avignon und Pisa gab, die jeweils von unterschiedlichen Reichen unterstützt wurden. Päpste und Gegenpäpste waren Mittel der Politik.

Für die Gegenpäpste der Gegenwart gilt das nicht. In der Regel können sie keine allzu große Wirkung erzielen. Lucian Pulvermacher ein ehemaliger Kapuzinerpater aus den USA ließ sich 1998 zu »Papst Pius XIII.« wählen. Auch er war mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil unzufrieden. Pulvermachers Anhänger wählten ihn größtenteils telefonisch. Er nahm die Wahl in einer Waldhütte in Montana entgegen und veröffentlichte ein Foto vom Kamin der Hütte, aus dem weißer Rauch aufstieg. Auf seiner Homepage schrieb der Gegenpapst: »Statt Hunderttausender jubelnder Gläubiger auf dem Vatikanplatz [sic!] wurde der weiße Rauch nur von einer Handvoll Gläubiger gesehen – und von Gottes Geschöpfen im Wald.« Pulvermacher verstarb im Jahr 2009. Der Kapuzinerorden schrieb einen warmherzigen Nachruf auf sein ehemaliges Mitglied.

Die Ausrufung von Gegenpäpsten ist, bevor ein falscher Eindruck entsteht, US-Katholiken nicht exklusiv vorbehalten. Der größte Gegenpapst der Gegenwart kommt mit Petrus III. aus Europa und hat bis zu 1500 Anhänger*innen. Er ist seit 1978 schon das vierte Oberhaupt der Palmarianisch-katholischen Kirche. Die Abspaltung bezieht sich auf eine Marienerscheinung im spanischen Dorf Palmar de Troya.

Mehr Zustimmung als für die realen Gegenpäpste gibt es für unterschiedlichste Papstvorschläge im Netz. Ein nicht ganz überraschender ist der »Mönch von Lützerath«. Auf der Plattform X schlug ihn dieser Tage eine Nutzerin vor. Das Online-Medium Watson stellt diesen und mehrere andere amüsante Posts rund um die Papstwahl zusammen. Der rechte Polizeigewerkschafter Manuel Ostermann findet das gar nicht lustig und beschwert sich bei Watson über die positive Darstellung des selbsternannten Mönches, der Polizisten in den Matsch geschubst hat. Ostermann wird vermutlich keinen Gegenpapst aufstellen müssen, da die Chancen für den »Mönch« übersichtlich bleiben dürften.

Geheimfavorit auf das Papstamt im Netz ist Tralalero Tralala, ein Comic-Hai der dem Tiktok-Trend »Italian brainrot« entstammt. Mit seinen blauen Sneakern kann er wie Jesus übers Wasser gehen, und Mitra sowie Hirtenstab stehen ihm gut. Das kommt an auf Tiktok und Youtube. Durchs Netz geistern, dank KI, allerdings auch andere kuriose Gestalten im Papst-Outfit: Marcus Söder oder Donald Trump etwa. Sie hätten vermutlich am ehesten das Potenzial zu Gegenpäpsten im mittelalterlichen Sinne.

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