Schonfrist von vier Jahren für Argentinien
Internationaler Währungsfonds und Regierung in Buenos Aires einigen sich auf neues Kreditabkommen
Argentiniens Regierung und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben sich auf eine Schuldenneuregelung geeinigt. Was noch aussteht, sind die Zustimmung des IWF-Vorstands sowie der beiden Kammern des argentinischen Kongresses. Während die erste eine Formsache zu sein scheint, ist die zweite offen. Sowohl in der Regierungskoalition als auch in der Opposition herrscht Uneinigkeit über die Positionierung zu den Bedingungen der Neuregelung. Ein Scheitern des neuen Stand-by-Abkommens ist also nicht ausgeschlossen.
Argentinien ist der mit Abstand größte IWF-Schuldner. 2018 gewährte der Fonds der damaligen liberalkonservativen Regierung von Präsident Mauricio Macri einen Kredit in Höhe von 57 Milliarden Dollar, von denen 44,5 Milliarden ausgezahlt wurden. Es ist die mit Abstand größte Kreditvereinbarung, die der IWF jemals mit einem Mitgliedsland abgeschlossen hat. Von der Summe müssten allein in diesem Jahr rund 17 Milliarden Dollar getilgt werden. »Argentinien verfügt nicht über die notwendigen Mittel, um die anstehenden Verbindlichkeiten zu bedienen«, hatte Kabinettchef Juan Manzur am Montag abermals bekräftigt. Ziel sei es, die Zahlungsunfähigkeit Argentiniens zu vermeiden, so Manzur.
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Die jetzt ausgehandelte Neuregelung ist nichts anderes als eine Refinanzierung des Kredits von 2018. Eine Schuldenreduzierung ist nach den IWF-Statuten ausgeschlossen. Deshalb sollen die 44,5 Milliarden Dollar in den kommenden zweieinhalb Jahren vom IWF selbst via Buenos Aires getilgt werden. Argentinien bekäme sogar eine bereits getilgte Kapitalsumme in Höhe von 4,5 Milliarden Dollar zurück, die als Zentralbankreserve verbucht werden soll.
An die vereinbarten zehn Überweisungen des Fonds an sich selbst sind allerdings vierteljährliche Prüfungen gebunden. Der IWF will sicherstellen, dass sich die Regierung in Buenos Aires an das Kleingedruckte des neuen Stand-by-Kreditankommens hält. Ab 2026 muss Argentinien dann mit der tatsächlichen Tilgung der Verbindlichkeiten beginnen.
Der strittigste Punkt in den seit zwei Jahren laufenden Verhandlungen war die Höhe des Haushaltsdefizits in den kommenden Jahren. Die stets vom Fonds verlangten Einsparungen bei den Staatsausgaben sollen Mittel für den Schuldendienst freimachen. In der Regel werden Kürzungen bei den Sozial- und Rentenausgaben verlangt. Mit einem Anteil von 40 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze hatte sich Argentiniens Regierung beharrlich geweigert, größere Einschnitte hinzunehmen. Schließlich hatte sie sich verpflichtet, das Haushaltsdefizit von gegenwärtig drei Prozent bis zum Jahr 2024 auf 0,9 Prozent zu senken.
Dies soll etwa durch die Reduzierung der staatlichen Energiebeihilfen geschehen, mit denen die Strom- und Gastarife seit über einem Jahrzehnt subventioniert werden. Während die Konsument*innen geringe Preise zahlen, müssen für die Zuschüsse immer aberwitzigere Summen aufgebracht werden. Ab Juni werden die Subventionen für die zehn Prozent einkommensstärksten Strom- und Gasverbraucher*innen gestrichen. Der große Rest wird in zwei Gruppen aufgeteilt, bei denen die Beihilfen sozialverträglich zurückgeführt werden sollen.
Wie allerdings die Anhebung der Tarife mit der ebenfalls vereinbarten Senkung der Inflationsrate einhergehen soll, bleibt rätselhaft. Denn trotz der herabsubventionierten Strom- und Gastarife liegt diese schon seit Jahren im zweistelligen Bereich. Im vergangenen Jahr betrug Teuerung 51 Prozent. Für das laufende Jahr sagen die Prognosen eine noch höhere Rate voraus. Dabei wurden die aktuell in die Höhe schießenden Energiepreise noch nicht einmal berücksichtigt. Die sozialen Organisationen befürchten, dass durch die beschleunigte Inflation noch mehr Menschen in die Armut getrieben werden. Sie haben deshalb bereits massive Proteste angekündigt.
Zwei Änderungen konnte die Regierung jedoch durchsetzen. So muss Argentinien erst 2025 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Bisher hatte der IWF innerhalb von zwei Jahren darauf bestanden. Zudem wurde die Laufzeit der Tilgungen von den maximal möglichen zehn auf tatsächlich zwölf Jahre ausgedehnt.
Andere IWF-Schuldnerländer wie beispielsweise Ecuador, Kenia oder Gabun, die in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls Schuldenneuregelungen ohne diese Zugeständnisse ausgehandelt hatten, werden das aufmerksam registrieren. Einmal vom IWF und dem Kongress angenommen, werden die Zweifel an der Umsetzung der Vorgaben nicht weniger werden.
In spätestens drei Jahren, so der Tenor der Kritik von ganz links bis neoliberal, werde Argentinien mit der Forderung nach der nächsten Schuldenneuregelung wieder auf der IWF-Matte stehen. Zumal die 44,5 Milliarden Dollar des IWF gerademal zwölf Prozent der argentinischen Staatsverschuldung ausmachen.
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