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Terrorakte und politische Machtkämpfe in Pakistan
In Pakistan wackelt die Regierung - ausgerechnet in Zeiten vermehrter Angriffe durch IS und Taliban
Es war der blutigste terroristische Anschlag in jüngster Zeit: Am 4. März, ausgerechnet zur Zeit des gut besuchten Freitagsgebets, drang ein Selbstmordattentäter in eine schiitische Moschee in Peschawar ein und sprengte sich in die Luft. Bevor er seinen Gürtel mit rund fünf Kilo Sprengstoff zündete, hatte er aus einer Pistole auf wachhabende Polizisten am Eingang und auf Betende das Feuer eröffnet. Mindestens 56 Menschen starben an Ort und Stelle, inzwischen ist von 63 Todesopfern und knapp 200 Verletzten die Rede.
Erste Vermutungen zu denkbaren Urhebern bestätigten sich, als am Folgetag die Gruppierung Islamischer Staat-Provinz Khorasan (IS-K) die Verantwortung übernahm. Dabei handelt es sich um die regionale Gliederung des IS-Terrornetzwerks, die in Pakistan und Afghanistan aktiv ist. Eingesetzten Sonderermittlern gelang es, den Attentäter als einen jüngeren Mann afghanischer Abstammung zu identifizieren, der schon etwas länger im Lande lebt. Zwei weitere Männer, die ihn zum Anschlagsort gefahren haben sollen, wurden festgenommen.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Es ist der mit Abstand opferreichste Anschlag seit über dreieinhalb Jahren. Im Juli 2018 hatte sich ein Selbstmordattentäter bei einer Wahlkampfveranstaltung in Mastung (Provinz Belutschistan) in die Luft gesprengt. Die finale Zahl der Todesopfer lag seinerzeit bei 154. Auch zu diesem Anschlag hatte sich der IS-Khorasan bekannt. Auf das Konto der konkurrierenden lokalen Taliban, der Dachvereinigung Tehreek-i-Taliban Pakistan (TTP), ging wiederum das Schulmassaker von Peschawar vom 16. Dezember 2014, als bei einem Angriff von sechs Bewaffneten auf die Army Public School 149 Menschen, darunter allein 132 Schulkinder, getötet worden waren.
Der Angriff vom 4. März auf die Moschee in einem schiitischen Viertel der nordwestpakistanischen Provinzstadt hat gerade die Angehörigen dieser kleineren der beiden islamischen Glaubensrichtungen schwer getroffen. Schiiten haben es angesichts einer sunnitisch ausgerichteten Bevölkerungsmehrheit ohnehin nicht leicht. Für die Terrorgruppen IS und TTP gehören sie zu den bevorzugten Zielen. Doch während sie immerhin generell noch als Muslime zählen, haben es andere Minderheiten noch schwerer. Möglichst unauffällig bleiben, lautet gerade bei Christen die Devise. Doch auch sie trifft es: Am 30. Januar war Pfarrer William Siraj auf dem Heimweg vom sonntäglichen Gottesdienst erschossen, sein Begleiter verwundet worden. Ihre Gemeinde liegt am Rande von Peschawar. Und die mehr innerstädtische All Saints Church, wo die Trauerfeier stattfand, war 2013 Zielscheibe eines Doppelanschlags.
Der Thinktank Pakistan Institute for Peace Studies (PIPS) hatte erst kürzlich eine Studie veröffentlicht, wonach die Zahl terroristischer Attacken nochmals deutlich zugenommen hat, seit die Taliban im benachbarten Afghanistan voriges Jahr offiziell an die Macht zurückgekehrt sind. Für 2021 sind 207 Vorfälle gelistet - ein Anstieg von 42 Prozent gegenüber 2020.
Die Regierung der moderat konservativen Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) von Premier Imran Khan ist derzeit eher gelähmt. Hinter den Kulissen laufen Anstrengungen, interne Kritiker wie auch Koalitionspartner bei der Stange zu halten. Denn die vereinigte Oppositionsbewegung PDM, in der die früher regierenden Pakistanische Muslimliga-Nawaz (PML-N) und Pakistanische Volkspartei tonangebende Kräfte sind, reichte am Dienstag beim Parlamentssprecher formell den Antrag auf ein Misstrauensvotum ein. Die Abstimmung dazu muss binnen drei bis sieben Tagen stattfinden. Die PTI-Führung beteuert, weiter eine solide Mehrheit zu haben, real aber könnte es für Imran Khan äußerst eng werden: Wegen vieler Probleme und Versäumnisse steht er unter Druck. Die mächtige Armee, als deren Protegé der Premier anfangs galt, will sich aus dem jetzigen Machtkampf im Land offenbar heraushalten, hieß es in jüngsten Meldungen.
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