Spanische Linkspartei will radikale Diplomatie statt Waffenlieferungen

Podemos sucht europaweit nach Bündnispartnern und liegt mit sozialdemokratischen Koalitionspartner über Kreuz

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch in Spanien wird darüber gestritten, wie man den Krieg in der Ukraine beenden kann und ob Waffenlieferungen ein adäquates Mittel sind. Für die Linkspartei »Podemos« (Wir können es) ist die Sache klar. Die Parteichefin Ione Belarra lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine entschieden ab, obwohl auch sie von einer »ungerechtfertigten und nicht zu rechtfertigenden kriminellen Invasion« durch Russland spricht.

»Die Parteien des Krieges sagen, man müsse Waffen schicken«, doch Podemos glaubt nicht, dass die wirksam den Menschen in der Ukraine helfen können. Trotz »starker politischer Mächte«, die ihren Vorstellungen entgegenstehen, will Podemos »alles auf die Diplomatie setzen, auf den Frieden«. Ohnehin sieht Podemos die Vorgänge differenziert. In einer Erklärung zum Kriegsbeginn hatte Podemos davon gesprochen, dass im Hintergrund die »Erweiterung der Nato in den Osten Europas« steht, die von Russland nicht nur als militärische Bedrohung empfunden werde, sondern auch die Schaffung einer eigenen europäischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur und -strategie verhindert habe.

Linke, Krieg und Frieden

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine stellt die Linke vor neue Fragen. Die Linkspartei und die gesellschaftliche Linke überhaupt. Nato, EU, Uno, Russland, Waffenlieferungen, Sanktionen – dies sind einige Stichworte eines Nachdenkens über bisherige Gewissheiten und neue Herausforderungen. Wir beginnen eine Debatte über »Linke, Krieg und Frieden«, die uns lange Zeit begleiten wird.

Belarra hat eine internationale Offensive gestartet, um Mitstreiter zu finden. Sie stößt dabei bei linken Kräften in Europa auf ein positives Echo. Im französischen Präsidentschaftswahlkampf hat sich der Kandidat der Linken Jean-Luc Mélenchon hinter sie gestellt. In einem Video in spanischer Sprache, das Belarra per Twitter veröffentlicht hat, verurteilt auch der Gründer von »France Insoumise« (LFI) Waffenlieferungen. Auch er hat auf einem »Meeting für den Frieden« am 13. März in Lyon vor 15 000 Anhängern den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt. Putin trage als »einziger« die Verantwortung. Der LFI-Chef erkennt zwar das »Selbstverteidigungsrecht« der Ukraine an, lehnt aber Waffenlieferungen ab. Er sprich von einer »sehr gefährlichen Lage«, in der es »zur Zerstörung der Welt kommen kann, wenn wir eine Kriegsausbreitung zulassen«. Mélenchon tritt für eine »radikale Diplomatie« ein. »Entweder Diplomatie oder totalen Krieg«, bemüht er starke Worte.

Auch Jeremy Corbyn konnte Belarra hinter sich bringen. Der ehemalige Chef der britischen Labour-Partei wirbt auch für eine »Deeskalation«, da ein gewaltsamer Konflikt zwischen der Nato und Russland ein »globales Desaster« bedeuten könnte. Da ohnehin alle Kriege mit Verhandlungen endeten, müsse damit »sofort« begonnen werden. In einem ebenfalls von Belarra veröffentlichten Video blickt Corbyn mit Hoffnung auf die »mutigen Demonstrationen« gegen den Krieg in Russland. Er plädiert dafür, »das Schwierigste zu tun: eine Bewegung für eine friedliche Welt aufzubauen«.

International stößt der Podemos-Vorstoß offensichtlich auf Widerhall. Aber in der spanischen Minderheitsregierung in Madrid unter Führung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez kommt es deshalb zu neuen Zerwürfnissen. Podemos ist in der Regierung als Juniorpartner über das Linksbündnis »Unidas Podemos« (Gemeinsam können wir es/UP) Teil der Regierung. Da die Sozialdemokraten (PSOE) nach der anfänglichen Weigerung, Waffen an die Ukraine zu liefern, doch umgefallen sind, fühlen sich die Sozialdemokraten verunglimpft, wenn Belarra auch sie als »Kriegspartei« bezeichnet.

Streit gibt es aber nicht nur mit den Sozialdemokraten, sondern auch im Linksbündnis. Zwar wird die Podemos-Haltung von praktisch allen linken Kräften im spanischen Staat getragen, doch ausgerechnet die UP-Chefin und Vize-Ministerpräsidentin Yolanda Díaz stellt sich hinter Waffenlieferungen, die Pedro Sánchez dem ukrainischen Widerstand zugesagt hat. In der Vereinten Linken (IU), der Díaz angehört, ist deren Kurs umstritten, obwohl sich IU-Chef und Verbraucherschutzminister Alberto Garzón schließlich zähneknirschend hinter Díaz gestellt hat. Das wiederum stößt auf großen Unmut in der kommunistischen Partei (PCE), die die stärkste Kraft in der IU ist. PCE-Chef Enrique Santiago hat klargestellt, dass Waffenlieferungen »unnütz sind«, da sie eine diplomatische Lösung erschweren. Die interne Klärung steht aus.

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