Hohe Spendenbereitschaft - das Spenden selbst rückläufig

Fragen & Antworten: Zu Voraussetzungen zur Organspende, was Ärzte dürfen und zum Spenderwillen

Dieser positiven Entwicklung steht allerdings entgegen, dass die Zahl der tatsächlichen Organspender in den vergangenen Jahren wieder leicht rückläufig war, aber trotz Corona-Pandemie einigermaßen stabil geblieben ist. Nach Angaben der BZgA wurden 2020 von 913 Verstorbenen lebensrettende Organe entnommen - zwei Prozent weniger als im Jahr davor.

Wichtig sind Organübertragungen?

Der Bedarf an Spenderorganen ist hoch. Allein in Deutschland wurden Ende 2020 nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation noch rund 9500 Organe benötigt. Dennoch wissen noch immer nicht genügend Menschen über das Thema Organspende Bescheid. Insofern kommt Hausärzten eine aktivere Rolle bei der Aufklärung über die Organspende zu.
Hirntod / Entscheidungslösung

Was ist Hirntod?

Eine Person gilt als hirntot, wenn der unumkehrbare Ausfall der Gesamtfunktionen von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm eindeutig nachgewiesen wurde. Sind diese Kriterien erfüllt, wird das Herz-Kreislauf-System eines Hirntoten kurzzeitig künstlich aufrechterhalten. So werden Organe weiter durchblutet, um sie anschließend zu transplantieren. nd

Was bedeutet Entscheidungslösung?

In Deutschland gilt die Entscheidungslösung. Das heißt: Eine Organentnahme ist nur zulässig, wenn das ausdrückliche Einverständnis des Spenders vorliegt. Das hat der Deutsche Bundestag im Januar 2020 in seinem »Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende« bekräftigt.

Um die Auseinandersetzung mit dem Thema zu fördern und die Entscheidungsfindung zu unterstützen, sieht das Gesetz vor, allen Versicherten ab dem vollendeten 16. Lebensjahr alle zwei Jahre Informationsmaterialien sowie den Organspendeausweis zuzusenden. Außerdem wird es 2022 ein zen-trales Online-Register zur Dokumentation von Erklärungen zur Organ- und Gewebespende geben. Auch Hausärzte sollen ihre Patienten ermuntern, ihre Entscheidung zu dokumentieren. Hirn

Für die Empfänger sind die Organe überlebenswichtig. Die Chancen für eine erfolgreiche Transplantation und ein langfristiges Überleben mit einem Spenderorgan stehen heute sehr gut: Fünf Jahre nach einer Herztransplantation leben international noch etwa 72 Prozent der Empfänger, fünf Jahre nach einer Nierentransplantation sogar noch 76 Prozent, wenn die Spende nach dem Tod des Organspenders erfolgte.

Auch bei anderen Organen sehen die Zahlen ähnlich aus. So leben nach einer Lebertransplantation nach fünf Jahren noch 68 Prozent der Empfänger, nach einer Transplantation der Bauspeicheldrüse 65 Prozent. Ein Spender, dem mehrere Organe entnommen wurden, kann bis sieben Menschenleben retten.

Welche Spenderorgane stehen vorn?

Den Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation zufolge wurden 2020 in Deutschland 2941 Organe von Verstorbenen gespendet - am häufigsten Nieren (1447), Lebern (746), Lungen (342) und Herzen (320). Den geringsten Anteil machten Bauchspeicheldrüsen (79) und Dünndarmspenden (7) aus. Die Spende einer Niere ist auch als Lebendspende möglich. Dies heißt, ein Angehöriger spendet eine seiner beiden Nieren zu Lebzeiten. Nach der Transplantation leben in solch einem Fall nach fünf Jahren noch 86 Prozent der Empfänger.

Wie kann ich meine Bereitschaft zur Organspende erklären?

Für die Bereitschaft gilt in Deutschland die »Entscheidungslösung« (siehe nebenstehend). Das bedeutet: Eine Organentnahme darf nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Spenders erfolgen. Diese kann durch ein formloses Schreiben oder eine entsprechende Formulierung in der Patientenverfügung dokumentiert werden.

Eine einfache Möglichkeit, seine Bereitschaft zu erklären, ist der Organspendeausweis. Immer mitgeführt, ist er im Notfall leicht zu finden und schafft schnell Klarheit. Im Testament sollte man die Spendenbereitschaft hingegen nicht festhalten. Bis zu dessen Öffnung vergeht in der Regel so viel Zeit, dass eine Organspende nicht mehr möglich ist.

Wie bekommt man einen Organspendeausweis?

Ein Organspendeausweis kann einfach und schnell zum Beispiel auf den Webseiten des Bundesministeriums für Gesundheit oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) heruntergeladen und ausgedruckt werden. Oder Sie nutzen die Möglichkeit, den Ausweis als Plastikkarte zu bestellen. Der Versand ist kostenlos. Außerdem erhalten Sie Organspendeausweise kostenlos in vielen Apotheken und Arztpraxen. Die BZgA bietet den Organspendeausweis zudem in 28 weiteren Sprachen an.

Was gilt hinsichtlich der Organspende in anderen Ländern?

In anderen Ländern Europas, zum Beispiel in Frankreich, Italien, Polen, Österreich und Spanien, gilt die Widerspruchslösung. Demzufolge ist ein Mensch solange Organspender, bis er aktiv widerspricht. Tut er dies nicht, können Ärzte im Fall seines Todes Organe entnehmen. Wichtig: Bei Auslandsaufenthalten gelten übrigens die Regelungen des jeweiligen Landes.

Gibt es Altersgrenzen oder andere Beschränkungen?

Eine Altersgrenze nach unten besteht nicht. Bis zum 14. Lebensjahr entscheiden die Erziehungsberechtigten über Zustimmung oder Widerspruch. Jugendliche ab 14 Jahren haben die Möglichkeit, einer Organentnahme selbst zu widersprechen. Ab dem vollendeten 16. Lebensjahr dürfen potenzielle Spender oder Spenderinnen einer Organspende auch selbst zustimmen und einen Organspendeausweis mit sich führen. Eine Altersgrenze nach oben gibt es nur bedingt. In den meisten Fällen ist nicht das Alter des Spenders maßgeblich, sondern der Zustand der Organe. Ein spezielles Programm, das sogenannte Eurotransplant Senior Programm (ESP), regelt, dass Organe älterer Menschen an ältere Empfänger abgegeben werden.

Kann ich meine Entscheidung als Spender wieder rückgängig machen?

Eine unterschriebene Einwilligung zur Organspende ist verbindlich - aber nicht endgültig. Sie wird bislang nicht registriert und kann jederzeit rückgängig gemacht werden. Wer seine Meinung ändert, kann seine Erklärung einfach vernichten.

In Deutschland war ab März dieses Jahres ein zentrales Organ- und Gewebespende-Register vorgesehen. Es ist Teil des »Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende«, das der Bundestag im Januar 2020 verabschiedet hatte. Danach sollte es im beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angesiedelten Online-Organspende-Register ab März 2022 die Möglichkeit geben, eine Erklärung zur Spendenbereitschaft digital abzugeben oder zu widerrufen.

Wie das Bundesgesundheitsministerium jedoch Mitte Februar erklärte, kann der avisierte Starttermin nicht eingehalten werden. Grund ist die Corona-Pandemie: Um eine weitere Belastung der Krankenhäuser durch notwendige technisch-organisatorische Vorarbeiten zu vermeiden, werde das Register frühestens Ende des Jahres den Betrieb aufnehmen.

Unter welchen Voraussetzungen dürfen Ärzte Organe entnehmen?

Wenn die Organe eines Menschen aus medizinischer Sicht für eine Organspende geeignet sind, entscheiden zwei Faktoren darüber, ob eine Organentnahme tatsächlich auch durchgeführt werden darf: Erstens muss eine Einwilligung zur Organentnahme vorliegen. Zweitens müssen zwei Fachärzte unabhängig voneinander den Hirntod nach den Richtlinien der Bundesärztekammer feststellen.

Wer entscheidet, wenn der Wille des potenziellen Spenders unbekannt ist?

Stellen Ärzte oder Ärztinnen den Hirntod fest und es liegt keine Einwilligung zur Organspende vor, müssen nahestehende Angehörige wie Ehepartner, volljährige Kinder oder Eltern entscheiden. Dabei wird der mutmaßliche Wille des Verstorbenen zugrunde gelegt. Kennen die Angehörigen diesen nicht, fällt eine Entscheidung unter Umständen schwer. Umso wichtiger ist es, sich zu Lebzeiten zu entscheiden, ob man im Todesfall Organe für eine Transplantation zur Verfügung stellen möchte.

Wie finden im Regelfall Organ und Spender zueinander?

Die Stiftung Eurotransplant koordiniert und vermittelt die Vergabe von Spenderorganen in acht europäischen Ländern: Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Slowenien und Ungarn. Menschen, die dort auf ein Spenderorgan warten, stehen auf einer gemeinsamen Warteliste. Eurotransplant führt gleichzeitig Listen mit den Daten aller in diesen Ländern gespendeten Organe. Menschen, die dringend ein Organ benötigen, haben dadurch bessere Chancen, im Notfall versorgt zu werden. Die Organvergabe erfolgt anhand bestimmter Kriterien. Angaben und Daten über gespendete Organe aus Deutschland leitet die Deutsche Stiftung Organtransplantation an Eurotransplant weiter.

Nach welchen Kriterien werden Organe vergeben?

Wer welches Spenderorgan erhält, hängt von der medizinischen Dringlichkeit, der Länge der Wartezeit und den Aussichten auf eine erfolgreiche Transplantation ab. Je nach Organ müssen dabei auch Kriterien wie die Übereinstimmung der Blutgruppe oder von bestimmten Gewebemerkmalen von Spender und Empfänger geprüft werden. Für die unterschiedlichen Organe gelten spezielle Vergabekriterien. In Deutschland legt die Bundesärztekammer die Richtlinien für die Wartelistenführung und Organvermittlung fest.

Welche Organe kann man schon zu Lebzeiten spenden?

Bei einer Lebendorganspende werden in Deutschland Nieren oder Teile der Leber übertragen. Möglich ist auch die Transplantation von Teilen der Lunge, der Bauchspeicheldrüse oder des Dünndarms. Eine Besonderheit der Lebendorganspende ist, dass sie nur zwischen Menschen erfolgen darf, die sich persönlich nahestehen. Mit dieser Regelung soll Organhandel verhindert werden. Mit Stiftung GesundheitsWissen
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!