Ist der Benzinpreis ein Fall fürs Kartellamt?

Die Gewinnmarge der Raffinerien ist sprunghaft gestiegen

  • Christoph Müller
  • Lesedauer: 3 Min.

Hohe Renditen können ein Hinweis auf Marktmanipulation sein. Die Gewinnmarge der Raffinerien war in der dritten Woche nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine sprunghaft gestiegen. Lagen sie im Februar noch bei unter 30 Cent je Liter Diesel, stiegen sie am 13. März auf 61 Cent und liegen aktuell nur unwesentlich darunter.

Kurz zuvor war der Ölpreis auf ein Sieben-Jahre-Hoch von 134 Dollar je Fass (à 159 Liter) gestiegen. Damit allein lässt sich der Preisanstieg an der Tankstelle aber nicht erklären. Im Vergleich zu Ende 2021 ist Diesel 76 Cent teurer - angemessen wäre ein Anstieg um 46 Cent, wie das Vergleichsportal benzinpreis.de errechnet hat. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat denn auch das Kartellamt gebeten, sich die Preise für Benzin und Diesel genauer anzuschauen. »Die Oligopolsituation am deutschen Kraftstoffmarkt ist seit Langem ein strukturelles Problem«, sagte er.

Spaß und Verantwortung

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Genau diese »Oligopolsituation« hat das Kartellamt bereits vor zehn Jahren untersucht. Damals standen die Konzerne BP (Aral), Esso, Jet, Shell und Total im Verdacht illegaler Preisabsprache. Nachweisen ließ sich das aber nicht. In einem Interview mit dem »Bonner General-Anzeiger« sprach Kartellamtschef Andreas Mundt von einer »unglücklichen Anbieterstruktur« - fünf große Mineralölkonzerne beherrschten zwei Drittel des Marktes. »Diese haben ein System entwickelt, wie sie ihre Preise ganz legal angleichen können. Einer prescht mit einer Preiserhöhung vor und kann sich darauf verlassen, dass die anderen nachziehen.«

Aktuell erklärt der Branchenverband Fuels und Energie, die hohen Preise seien eine Folge von Knappheit: »Wir registrieren zurzeit eine deutlich höhere Nachfrage nach Diesel aus osteuropäischen Ländern, die teilweise auch von Deutschland aus bedient wird. Gleichzeitig ist das Produktangebot zurückgegangen, weil die Unternehmen auf eigene Initiative den Import von Diesel und auch Rohöl aus Russland reduzieren.« Dadurch hätten sich die Produktmärkte für Benzin und Diesel vom Rohölmarkt »weitgehend abgekoppelt«.

Ob das stimmt, weiß das Kartellamt nicht und kann es auch nicht nachprüfen. »Eine gesetzliche Verpflichtung der Marktteilnehmer, auch Mengendaten an die Markttransparenzstelle zu liefern, würde die Aussagekraft unserer Daten deutlich verbessern«, sagte Mundt.

Bekannt ist hingegen, dass die Vorräte an Benzin und Diesel so niedrig sind wie zuletzt 2008, einem Jahr mit rekordhohen Öl- und Lebensmittelpreisen. Derzeit sind in Europa, den USA und Singapur wegen hoher Nachfrage 110 Millionen Fass weniger in den Lagertanks als 2021. Zudem kommen 58 Prozent des nach Europa importierten Diesels aus Russland. Das führt zu Verwerfungen am Markt: BP und Shell bieten keinen Diesel mehr auf dem deutschen Spotmarkt an, und der österreichische Konzern OMV rationiert an seinen Tankstellen in Ungarn den Spritverkauf. Da die Vorräte nicht beliebig weiter sinken können, müssen die Raffinerien früher oder später mehr produzieren. Dadurch steigt aber die Ölnachfrage und wohl auch der Preis. Dass er aktuell auf 112 Dollar pro Fass zurückgegangen ist, könnte daher nur eine Verschnaufpause sein.

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