- Sport
- Bayern Münchens Fußballerinnen in der Champions League
Dem Pech in Paris trotzen
Die Fußballerinnen des FC Bayern gehen arg dezimiert in die wichtigste Woche der Saison
Als Jens Scheuer am Dienstag gleich zu Beginn der Videokonferenz um eine personelle Bestandsaufnahme gebeten wurde, nahm der Trainer der Fußballerinnen des FC Bayern vorsichtshalber einen Zettel zur Hand, um niemanden zu vergessen. Was vor dem Rückspiel im Viertelfinale der Champions League bei Paris Saint-Germain an diesem Mittwoch folgte, war eine Auflistung aller Ausfälle in Mannschaftsstärke, darunter allein sieben wegen Corona-Infektionen.
Zu den bereits bekanntermaßen positiv getesteten Linda Dallmann, Jovana Damnjanovic, Franziska Kett, Karolina Vilhjalmsdottir, Carina Wenninger und Sarah Zadrazil war am Dienstagmorgen noch Maximiliane Rall hinzugekommen. Zudem muss Scheuer auf die Langzeitverletzten Laura Benkarth, Marina Hegering und Ivana Rudelic sowie die gelb gesperrte Viviane Asseyi verzichten. »Wer mitfährt«, sagte Scheuer mit einem gequälten Lächeln, wäre schneller aufzuzählen gewesen. Zudem muss er auf eine Teambetreuerin verzichten, die wegen einer Corona-Infektion ebenfalls nicht nach Paris mitfliegen konnte. Davon hatte Scheuer am späten Montagabend erfahren, ehe die nächste Hiobsbotschaft von Rall am Morgen danach folgte. »Wenn das Handy ruhig bleibt, dann bin ich entspannt«, sagte er.
Ohne elf Spielerinnen geht es für die Münchner Fußballerinnen also in ihre wichtigste Woche der Saison. In Paris wollen sie nach der unglücklichen 1:2-Niederlage im Hinspiel vor acht Tagen und trotz der sehr komplizierten Personallage noch den Einzug ins Halbfinale schaffen, zum dritten Mal nach 2019 und 2021. Am Sonntag folgt dann das Spitzenspiel der Bundesliga beim VfL Wolfsburg, der die Tabelle vier Spieltage vor dem Saisonende mit einem Punkt Vorsprung auf den FC Bayern anführt. Sollten die Münchnerinnen also in der Champions League ausscheiden und in Wolfsburg verlieren, wäre nach der internationalen Titelchance auch die wichtigste nationale realistisch betrachtet dahin. Einzig der DFB-Pokal stünde dann noch in Aussicht. Dort warten im Halbfinale am 17. April erneut die Wolfsburgerinnen.
Doch zunächst zählt natürlich nur das Spiel im Pariser Prinzenpark, das sie beim FC Bayern mit einer Mischung aus Galgenhumor und Trotz angehen. »Wir versuchen in dem Mannschaftsverbund, den wir jetzt noch haben, alles reinzuwerfen«, sagte die deutsche Nationalspielerin Giulia Gwinn und befand über die Ausfälle: »Ich glaube, dass gerade so etwas noch einmal andere Energien freisetzen kann, wenn man weiß: Man spielt nicht nur für sich, sondern auch für die Mädels, die zu Hause sitzen. Wir wollen es unbedingt ins Halbfinale schaffen und dann wieder mit allen die Spiele bestreiten.«
Auch Scheuer versucht es positiv anzugehen, obwohl die Chancen auf einen Einzug in die Runde der letzten vier in der Champions League unter den gegebenen Umständen nicht besonders hoch erscheinen. »Ich habe trotzdem ein gutes Gefühl«, sagte er. »Ich freue mich auf das Spiel, wir machen das Beste daraus.« Er räumte aber auch ein: »Es ist eine Katastrophe, dass uns das Virus gerade in den entscheidenden Wochen so heimsucht.« Und natürlich frage er sich wegen der fast stündlich eingehenden Krankmeldungen: »Was kommt noch? Was passiert morgen in Paris?« Am Dienstag plante er mit mit zwei Feldspielerinnen auf der Ersatzbank, »wahrscheinlich von unserer zweiten Mannschaft«, wie er hinzufügte. Offenbar hätten sie das Spiel gerne verlegt. Doch den Regularien des europäischen Fußballverbandes zufolge verfügen die Münchnerinnen noch über genügend Spielerinnen - zumindest nach dem letzten bekannten Stand.
Sollte dem FC Bayern der Einzug ins Halbfinale trotz allem gelingen, wäre dieser Erfolg umso höher zu bewerten. Auch weil Paris St. Germain neben Olympique Lyon und dem FC Barcelona zu den finanzstärksten Klubs im Frauenfußball zählt. Barca spielt ebenfalls am Mittwoch und hat nach dem 3:1-Hinspielerfolg bei Real Madrid beste Aussichten auf das Halbfinale. Lyon muss am Donnerstag ein 1:2 gegen Juventus Turin aufholen, am selben Tag versucht der VfL Wolfsburg in seinem Heimspiel Arsenal London nach dem 1:1 im Hinspiel aus der Champions League zu schießen.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!