»Die EU schaut hier weg«

In Europa ist es eigentlich untersagt, Teakholz aus Myanmar zu verbauen. Dennoch findet es sich immer wieder auf Schiffen

  • Sarah Tekath
  • Lesedauer: 4 Min.

Im Sommer 2021 sorgte der Fall »Gorch Fock« für Negativschlagzeilen. Damals wurde bekannt, dass für die Restaurierung des Segelschulschiffs der deutschen Marine Teakholz aus Myanmar verwendet worden war. Gemäß der seit 2013 geltenden Europäischen Holzhandelsverordnung (EUTR) müssen Marktteilnehmer im Rahmen der sogenannten Sorgfaltspflicht die legale Herkunft und Nachhaltigkeit von importiertem Holz den Behörden nachweisen. In Deutschland ist dafür die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zuständig. Diese kam 2018 zu dem Schluss, dass EUTR-konforme Importe von Teak aus Myanmar generell nicht möglich seien.

Im Fall der »Gorch Fock« argumentiert die Bundesanstalt folgendermaßen: Sie sei »ihrem Prüfauftrag vollumfänglich nachgekommen, als sie bereits mit vergangenen Verwaltungskontrollen die streitgegenständlichen Teakholz-Importe überprüft hat«. Hierbei sei auch geprüft worden, ob das Holz aus illegalem Einschlag stamme. »Die betreffenden Importe wurden in den Jahren 2015 bis 2017 getätigt. Erst in 2017 kam die Diskussion um die EUTR-Konformität von Importen aus Myanmar auf.«

Johannes Zahnen von der Umweltstiftung WWF hält es für »faktisch nachvollziehbar«, dass die Holzimporte aus Myanmar seit dem Inkrafttreten der EUTR 2013 deren Anforderungen nicht erfüllen konnten. »Die Voraussetzungen dafür waren nicht gegeben.« Der Zeitpunkt des Imports sage nichts über die Legalität des Holzes aus. Auch Thomas Chung von der Umweltschutzorganisation Environmental Investigation Agency ist überzeugt: »Am Ende handelt es sich hier um Hehlerware. Was für eine Botschaft will Deutschland denn hier senden?« Die Bundesrepublik habe eine moralische Verantwortung und sollte eine Vorbildfunktion haben.

Nach Einschätzung von WWF-Mann Zahnen hätte das Holz beschlagnahmt und zurückgeschickt werden müssen. »Wenn eine Nachfrage besteht und das Holz gekauft wird, ist das der Motor, dass weiteres Holz geschlagen wird.« Die EU dürfe nicht Produkte aus kritischen Märkten und Umweltzerstörung nachfragen. »Ich frage mich, wie und warum die EU untätig bleiben kann, wenn man sehr einfach an den Statistiken sehen kann, dass trotz nachweislicher Illegalität große Mengen Myanmar-Teak weiter in die EU kommen.« Seit Jahren zeigten Studien, dass der Anteil von illegalem Holz in Myanmar sehr hoch ist. Das Land sei geplagt von Korruption, der gesamte Holzhandel liege in der Hand des Militärs, und die Menschenrechtssituation sei auch bekannt. »Die EU schaut hier weg und gibt sich als sauber, dabei werden wirtschaftliche vor ökologische Interessen gestellt.«

Aktivist Thomas Chung sieht eine mögliche Erklärung dafür: »Bei Holz scheint dieser Dringlichkeitsmoment zu fehlen, wie es ihn bei Drogen oder Teilen von Tieren gibt. Da ist es sofort offensichtlich, dass es sich um etwas Illegales handeln könnte. Aber wir verstehen Holz immer noch als nachwachsende Ressource.« Doch wie geht es nun weiter mit der »Gorch Fock«? Derzeit testet das Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums Alternativhölzer, die legal und zertifiziert gekauft werden können. Von dieser Maßnahme hält Johannes Zahnen vom WWF wenig: »Wir glauben, dass diese Testfläche jetzt erst umgesetzt wurde aufgrund des öffentlichen Drucks, den wir erzeugt haben.« Aus seiner Sicht hätten aber nie technische Notwendigkeiten bestanden, Myanmar-Teak zu verbauen. »Dieses ist, wenn auch sehr widerstandsfähig gegen Seewasser, ein sehr weiches Holz, das für die Strapazierung durch Militärstiefel nicht geeignet ist. Jachtbesitzer tragen ja nicht umsonst Segelschuhe an Bord. Es ging um Prestige.« Für den WWF ist der Fall »Gorch Fock« jedenfalls noch nicht abgeschlossen.

Thomas Chung hält die Testfläche und die Suche nach Alternativen zwar für einen Schritt in die richtige Richtung, fragt sich aber, was das im Fall der »Gorch Fock« jetzt noch bringt. »Sie haben sich ja schon dazu entschlossen, dieses Holz zu verbauen. Das wird nicht wieder herausgerissen. Der Schaden ist entstanden. Das Geld ist geflossen, und der Urwald ist abgeholzt.«

Allerdings ist die »Gorch Fock« in Europa bei Weitem nicht der einzige Fall. Derzeit wird auf der Werft Oceanco in Rotterdam unter dem Codenamen »Y721« eine 127 Meter lange Megajacht für Amazon-Gründer Jeff Bezos gebaut. »Auch dort wurde Teak verbaut«, erklärt Thomas Chung. »Wir können noch nicht mit Gewissheit sagen, woher es stammt. Aber wir wissen, dass Oceanco in der Vergangenheit bereits mit Teak aus Myanmar gehandelt hat.« Die Werft beteuerte gegenüber der News-Plattform Mongabay, dass ihr Teakholz aus legalen Quellen stamme.

Chung geht davon aus, dass sich der Schwerpunkt in Richtung Türkei und Griechenland verlagert. »Der Superjachtsektor baut auf Teak, weil das angeblich das Tollste, Beste und Exklusivste ist.« Es gebe jedes Jahr viele Fälle, doch nur solche wie die »Gorch Fock« oder Jeff Bezos schafften es in die Öffentlichkeit. »Aber der Sektor ist viel größer«, erläutert Chung. »Es sind Hunderte Boote jedes Jahr.«

Die Recherche für diesen Artikel wurde ermöglicht durch die Förderung von Investigative Journalism for Europe (IJ4EU) in Zusammenarbeit mit #WildEye, unterstützt von Oxpeckers Investigate Enviromental Journalism und dem Earth Journalism Network.

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