• Sport
  • Fußball Champions League

Wie ein weißes Blatt Papier

Zirkus Europa: Das Spiel Manchester City gegen Atlético Madrid gab es noch nie im Europacup, das Duell der Trainer indes schon

  • Sven Goldmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Eher wenig freundschaftlich: Beinahe-Rangelei von Pep Guardiola (l.), damals Bayern-Trainer, und Atlético-Coach Diego Simeone im legendären Champions-League-Halbfinale von 2016.
Eher wenig freundschaftlich: Beinahe-Rangelei von Pep Guardiola (l.), damals Bayern-Trainer, und Atlético-Coach Diego Simeone im legendären Champions-League-Halbfinale von 2016.

Manchester City gegen Atlético Madrid – war da mal was? Nein, da war noch nie was, und das mutet schon ein wenig seltsam an im europäischen Fußballzirkus, zu dessen systemimmanenten Faktoren es doch gehört, dass immer wieder dieselben Schwergewichte untereinander um immer höhere Millionengagen kicken. Der Manchester City Football Club und der Club Atlético de Madrid hätten dieses Prinzip vor Kurzem gern in einer geschlossenen Gesellschaft namens Super League institutionalisiert, aber so viel Kapitalismus war dem Fußvolk dann doch nicht zuzumuten.

Zirkus Europa
Früher schlicht Pokal der Landesmeister genannt, ist die Champions League heute inszeniertes Spektakel und Gelddruckmaschine des Fußballs. Ein Blick auf den kommenden Spieltag.

Am Dienstag nun treffen City und Atlético im Viertelfinale der diesjährigen Champions-League-Ausspielung aufeinander, zum ersten Mal überhaupt. Es ist ein Spiel wie ein weißes Blatt Papier, mal abgesehen von den beiden Herrschaften an der Seitenlinie: Pep Guardiola und Diego Simeone hatten schließlich schon mal miteinander zu tun – im Frühjahr 2016, damals im Halbfinale.

Guardiola hat nach seinem bis dato letzten Champions-League-Triumph vor elf Jahren mit dem FC Barcelona ein Achtelfinale, drei Viertelfinals, vier Halbfinals und ein Endspiel verloren. Aber keine Niederlage verfolgt ihn so sehr wie jenes Ausscheiden mit dem FC Bayern vor sechs Jahren gegen Atlético Madrid. Die Münchner waren zweimal die bessere Mannschaft mit einem deutlichen Plus an Ballbesitz, wie es alle Mannschaften des Pep Guardiola auszeichnet. Am Ende aber musste er sich Atléticos archaischer Gewalt und seinem argentinischen Kollegen Simeone beugen.

Beim Hinspiel in Madrid hatten die Bayern durch Saúls atemberaubenden Sololauf früh ein 0:1 kassiert, aber Atléticos Hausse war limitiert auf die erste Halbzeit plus zwei, drei Nadelstiche in der zweiten. Als später die Sonne unterging, wurde es auch für Atlético dunkel im Estadio Vicente Calderón. Es spielten nur noch die Bayern, aber ein Tor mochte ihnen nicht gelingen.

Noch dramatischer war die Disbalance eine Woche später beim Rückspiel in München. Die Bayern spielten Atlético an die Wand und zeigten ihr wohl bestes Spiel in drei Jahren unter Guardiola. 73 Prozent Ballbesitz und 33:7 Torschüsse illustrieren eine Einseitigkeit, wie sie in einem Halbfinale der Champions League selten zu besichtigen ist. Xabi Alonso gelang früh das Führungstor, ein paar Minuten später verschoss Thomas Müller einen Elfmeter. Atlético nahm am Spiel eigentlich gar nicht teil – abgesehen von einem, zugegeben wunderschönen, Konter, den Antoine Griezmann zum 1:1 veredelte. Robert Lewandowski legte ein zweites Münchner Tor nach, in der Nachspielzeit vergab Fernando Torres noch einen Elfmeter für Atlético, und dann waren die Bayern wegen der damals noch geltenden Auswärtstorregel raus aus dem Wettbewerb.

Guardiolas Wechsel nach Manchester war da längst bekannt. Der Katalane hatte das Münchner Spiel zwar auf eine höhere Stufe gehoben, aber am Ende blieb seine dreijährige Amtszeit eine Episode, gezeichnet von drei Niederlagen im Halbfinale der Königsklasse – immer gegen spanische Mannschaften.

Und Atlético? Verlor ein paar Wochen nach dem Coup von München das Finale gegen die städtische Konkurrenz von Real, wie schon zwei Jahre zuvor, diesmal nur in Mailand statt in Lissabon. Sechs Jahre später hüpft, zetert und gestikuliert Diego Simeone immer noch vor Atléticos Trainerbank, er wird immer mal wieder als aus der Zeit gefallen belächelt und hat seine Guerilla-Mannschaft doch zum Stammgast in der Champions League gemacht. Mal sehen, was er sich für das Wiedersehen mit Pep Guardiola am Dienstag in Manchester ausgedacht hat.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -