Autowahn gegen die Schwachen

Über das zynische Weiter-so beim Verkehr

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Immer wieder belegen medizinische Studien, dass arme Menschen öfter krank sind und früher sterben als Wohlhabendere. Das wird dann gerne mal auf schlechte Ernährungsgewohnheiten und Ähnliches zurückgeführt. Dass die Menschen zu doof seien, sich anständig um sich zu kümmern, also irgendwie selbst schuld.

Sicherlich sind diese Dinge, von denen Ärmere aber auch nur einen Teil selbst zu verantworten haben, ein Grund dafür. Eine große Rolle spielen auch die Knochenjobs, in denen viele von ihnen arbeiten müssen. Sie rackern als Paketboten, Fahrradkuriere oder Putzkräfte, arbeiten mit gesundheitsschädlichen Substanzen.

Außerdem wohnen die weniger begüterten häufig gerade dort, wo die Umweltverschmutzung am größten ist. Nahe Industriegebieten oder Kraftwerken und an Flughäfen oder Hauptverkehrsstraßen. Wie eine aktuelle Studie vom Potsdamer IASS-Institut und dem Berliner Universitätsklinikum Charité zeigt, haben erhöhte Stickstoffdioxidwerte eine direkte Auswirkung auf die Anzahl der Patienten, die wegen akuter Atemwegsprobleme in der Klinik vorstellig werden.

Der ungezügelte Autowahn geht auch in diesem Fall zulasten der Verletzlichen der Gesellschaft. Es sind nicht nur die mittelbaren Folgen für Klima und Umwelt, die dramatisch genug sind. FDP und CDU verschließen ganz besonders fest die Augen vor den Auswirkungen ihres Handelns. Wie sonst kann man im Jahr 2022 von Autobahnen als Lebensadern sprechen oder ernsthaft fordern, die A100-Verlängerung zur »Klimaautobahn« zu machen? Das zynische Weiter-so in den Abgrund muss endlich aufhören.

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