Putins Pate

Der ukrainische Geheimdienst nimmt Wiktor Medwedtschuk fest

  • Birger Schütz
  • Lesedauer: 2 Min.

Er trägt Handschellen, die Haare fallen ihm strähnig und zersaust in die Stirn, sein Blick geht ausdruckslos an der Kamera vorbei: Die beiden Fotos, welche der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU am Dienstagabend veröffentlichte, zeigen Wiktor Medwedtschuk als gedemütigten Menschen. Und doch empfanden viele Ukrainer beim Anblick des festgenommen 67-Jährigen tiefe Genugtuung. Eine Welle sarkastischer und hämischer Fotomontagen schwappte durch die sozialen Netzwerke, ukrainische Nachrichtenseiten veröffentlichten Artikel mit den kreativsten Memes.

Der Grund für die Schadenfreude: Der Oligarch gilt als Putins engster Verbündeter in der Ukraine. Medwedtschuk leitete die prorussische Partei Oppositionsplattform, kontrollierte russischsprachige Fernsehsender und vertrat stets die Kremllinie. 2014 wurde der in Moskau und Kiew bestens vernetzte Politiker auf Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel in die ukrainische Delegation bei den Vermittlungsgesprächen der Trilateralen Kontaktgruppe in Minsk berufen. Ein Schritt, der nicht jedem gefiel: Medwedtschuk ist auch persönlich eng mit dem russischen Präsidenten verbunden – Putin ist Patenonkel einer von Medwedtschuks Töchtern.

Der dubiose Ruf des 1954 in Sibirien geborenen Juristen hängt auch mit seiner Rolle als Pflichtverteidiger in Prozessen gegen Bürgerrechtler zu Sowjetzeiten zusammen. Dabei fiel Medwedtschuk vor allem durch fehlendes Engagement auf. Sein Klient habe eine Strafe verdient, erklärte er etwa im Verfahren gegen den regimekritischen Dichter Wasyl Stus. Der Poet starb 1985 unter ungeklärten Umständen im berüchtigten Straflager Perm-36.

Im Mai 2021 wurde Medwedtschuk unter dem Vorwurf des Hochverrats unter Hausarrest gestellt, aus welchem er zu Beginn des Ukraine-Krieges verschwand. Wolodymyr Selenskyj schlug nun vor, den Aufgegriffenen gegen Ukrainer in russischer Kriegsgefangenschaft auszutauschen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -