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Schwarze Liste für Palmölkonzerne
Vorwürfe nach Menschenrechtsverletzungen bei großen Produzenten in Malaysia
Der malaysische Konzern Sime Darby Plantations rühmt sich, weltgrößter Produzent nachhaltigen Palmöls zu sein. Doch seit fast anderthalb Jahren hält ein Streit mit US-Behörden an, die Vorwürfen nachgehen, auf den Plantagen des Konzerns gebe es Fälle von Schuldknechtschaft und Zwangsarbeit. Die Praktiken sollen von Täuschung über psychische und sexuelle Gewalt bis hin zu Einschüchterung und Drohungen sowie zum Zurückhalten von Ausweispapieren reichen. Die Enthüllungen haben weitreichende Folgen: Kürzlich hat auch der italienische Süßwarenproduzent Ferrero mittels Mail an die Nachrichtenagentur Reuters verkündet, vorerst kein Palm- und Palmkernöl von dem Konzern und dessen Tochterunternehmen mehr zu beziehen. Der zweitgrößte Schokoladenhersteller der Welt verwendet Palmöl etwa für seine Ferrero-Rocher-Pralinen oder den Brotaufstrich Nutella.
Das Ausmaß des möglichen Skandals ist aber weit größer: Inzwischen stehen sechs Palmölfirmen auf einer schwarzen Liste des US-Zolls. Im Fall von Sime Darby erging im Dezember 2020 die Order, alle Einfuhren vorerst zu stoppen. Daraufhin habe Ferrero im Januar 2021 zunächst in seinen Niederlassungen in den USA die Belieferung durch diesen Geschäftspartner eingestellt, heißt es nun. Laut einer Mitteilung von Sime Darby sei Ferrero aber bereits »seit einer Weile« generell kein Kunde mehr. Auch das US-Unternehmen Cargill, einer der global führenden Zwischenhändler für Palmöl, habe Ende Februar dieses Jahres die Lieferungen von Sime Darby ausgesetzt.
Die südostasiatischen Nachbarländer Malaysia und Indonesien stellen zusammen rund 85 Prozent der globalen Versorgung mit Palmöl sicher - ein Markt, der zuletzt einen Gesamtwert von 65 Milliarden US-Dollar umfasste. Da es in Indonesien nach wie vor viele Fälle von Brandrodungen gibt und sich auch Berichte über miserable Arbeitsbedingungen auf den Plantagen häufen, galt bisher Malaysia als das Land, in dem den ökologischen wie sozialen Mindestvorgaben weit mehr entsprochen wird. Daher lassen sich namhafte Abnehmer wie Ferrero lieber von dort beliefern.
Dass aber auch dort längst nicht alles so läuft wie nach außen dargestellt, zeigt die aktuelle Kontroverse um Sime Darby und andere. So steht auch die FGV Holdings, ein weiterer Großproduzent, wegen möglicher Zwangsarbeit am Pranger. Die Einfuhrsperre der US-Zollbehörde gegen diese Firma datiert vom 30. September 2020. Im vergangenen Oktober wurde die Beraterfirma Elevate beauftragt zu untersuchen, inwieweit es auf FGV-Plantagen zu Verletzungen von Standards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) kommt. Bei einer Pressekonferenz im Januar wurde mitgeteilt, dass die eigentlichen Arbeiten für das Audit in der ersten Hälfte 2022 vorgenommen würden und dafür rund sechs Monate veranschlagt seien. Ergebnisse liegen bisher nicht vor.
Auch Sime Darby lässt seinen Betrieb in Malaysia derzeit von einem unabhängigen Gutachter evaluieren. In der Zwischenzeit verweist das Unternehmen darauf, dass zum 1. Mai der monatliche Mindestlohn der rund 24 000 Plantagenarbeiter*innen auf 1500 Ringgit (etwa 325 Euro) angehoben werden soll. Erst im März war er vereinheitlicht und auf 1200 Ringgit festgelegt worden. Vorher hatten die Beschäftigten in den ländlichen Gebieten 100 Ringgit weniger als die im Umfeld von Städten bekommen, wie es den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben in Malaysia entspricht.
Erst kürzlich hatte aber die zuständige Plantagenministerin Zuraida Kamaruddin bei einer Branchenkonferenz darauf verwiesen, dass der Durchschnittsverdienst auf den Plantagen sehr wohl bei 2000 bis 2500 Ringgit liegen könne, die Einführung eines Mindestlohns von 1500 Ringgit damit keine große Sache sein sollte. Das relativiert die positive PR, die sich Sime Darby mit dem Schritt erhofft.
Die aktuelle Debatte wirft zudem ein Schlaglicht darauf, wie unzureichend die generelle Zertifizierung durch den 2004 auf WWF-Initiative gründeten Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO) ist. Sime Darby ist derzeit der größte Konzern, der dessen Siegel trägt. Mehr Kontrollen sind offensichtlich nötig - das hatte RSPO selbst festgestellt, als FGV 2016 schon einmal ins Fadenkreuz geraten war. 2018 wurde das Zertifikat zurückgezogen und dem Konzern eine umfassende Evaluierung auferlegt. Zwar wurde die Suspendierung im August 2019 aufgehoben, nach umfassender Lektüre der in der Zeit von Ende 2018 bis Oktober 2019 durchgeführten sechs Audits aber wieder in Kraft gesetzt. Auch FGV verweist hingegen auf Verbesserungen - so sei die Praxis abgeschafft worden, Beschäftigte an Subunternehmer auszuleihen.
Und wie reagiert der Staat? Zwar wurde schon 1998 eine Regulierungsbehörde für die Branche gegründet, aber es mangelt bis heute an Vorgaben für die Einhaltung von Menschenrechten sowie an Untersuchungen dazu. Auch undurchsichtige Konzernstrukturen erschweren Kontrollen. Ein Großteil der Beschäftigten auf malaysischen Plantagen sind Arbeitskräfte aus ärmeren Ländern wie Indonesien und Bangladesch. Ihnen werden die Pässe abgenommen - ein Rechtsverstoß, aber vielerorts noch immer gängige Praxis.
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