- Politik
- Italien
Arbeiterbewegung gegen den Krieg
In Italien wenden sich Basisgewerkschaften gegen Aufrüstung und Waffenlieferungen an die Ukraine
»Hoch die Löhne, runter die Waffen«: Unter diesem eingängigen Motto streikten und demonstrierten am Freitag in ganz Italien die Mitglieder und Sympathisanten der Basisgewerkschaften USB (Unione Sindacale di Base). Der Aufruf wurde auch von vielen linken Gruppen und von Schülerorganisationen unterzeichnet. »Die Kosten des Krieges lasten schon jetzt schwer auf den Arbeitnehmern. Viele Betriebe haben mit Entlassungen begonnen oder Kurzarbeit ausgerufen und dies mit dem Ausbruch des Konfliktes begründet. Der allgemeine Anstieg der Preise kürzt die Löhne und Renten dramatisch. Sich aus dem Krieg herauszuhalten, ist nicht nur moralisch wertvoll, sondern eine regelrechte Notwendigkeit«, heißt es darin.
Italien ist in Bezug auf den Krieg in der Ukraine und vor allem auf die italienischen Waffenlieferungen gespalten. Fast die Hälfte der Italiener ist allerdings davon überzeugt, dass es bisher zu keinem Waffenstillstand gekommen ist, weil dies von den USA verhindert wurde. Ebenfalls ein großer Teil meint, dass die Informationen, die man aus Kiew bekommt und die von den großen Medien eins zu eins verbreitet werden, unwahr oder durch eine Pro-Kriegs-Propaganda verfälscht sind. Eine Mehrheit von 55 Prozent der Bevölkerung ist nach aktuellen Umfragen entschieden gegen italienische Waffenlieferungen in die Ukraine.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Diese Zahlen sind umso erstaunlicher, als sich nicht nur die Regierung, sondern praktisch alle im Parlament vertretenen Parteien dafür ausgesprochen haben, der Ukraine Waffen zu schicken. Die Politologen und Soziologen sind der Meinung, dass dies vor allem an dem weitverbreiteten antiamerikanischen Ressentiment vieler Italiener liegt. Ebenfalls habe die Tatsache Einfluss, dass die rechten und extrem rechten Parteien in Italien eine enge auch finanzielle Verbindung zu Russland haben. Dass unter anderem die rechtspopulistische Lega immer wieder Geldspritzen aus Moskau erhalten hat, ist allgemein bekannt.
Die USB, die nach eigenen Angaben etwa eine Million Mitglieder haben, gehören - mit Ausnahme der katholischen Kirche - zu den wenigen Organisationen, die klar ausdrücken, dass sie Waffenlieferungen ablehnen. In ihrem Aufruf zum Streik am Freitag heißt es: »In diesem Moment wollen wir daran erinnern, dass die Geschichte der italienischen Arbeiterbewegung auch der Kampf für den Frieden und die Koexistenz, gegen die Aufrüstung und für eine politische Lösung der Konflikte ist.« Die Tatsache, dass Italien durch die Sanktionen, die Entsendung von militärischem Personal und die Lieferung von Kriegsmaterial in den Konflikt eingreife, trage dazu bei, den Krieg immer weiter in die Länge zu ziehen.
Der Streik hat aber auch wirtschaftliche Gründe, die allerdings eng mit dem Kriegsgeschehen verbunden sind. Die USB fordern einen Anstieg der Löhne und der Renten, um sie gegen »die Spekulationen und die Inflation zu verteidigen«, die mit dem Krieg in der Ukraine noch aggressiver geworden seien. »Schon heute zahlen das Land und das Volk einen sehr hohen Preis für die Wirtschaftskrise, die der Krieg jetzt weiter verschärft.« Und weiter: »Was heute notwendig ist, ist ein realer Friedensprozess und nicht ein Krieg, der Zerstörung, Tod und Elend bringt.«
Um der Wirtschaftskrise Herr zu werden, habe die italienische Regierung in Zusammenarbeit mit der EU vor allem im Baugewerbe den Schutz der Beschäftigten immer weiter abgebaut, schreiben die USB. Auch deshalb fordern sie die Einführung des neuen Straftatbestands »Mord am Arbeitsplatz« und härtere Strafen für die Unternehmer, die die Sicherheitsnormen nicht einhalten. Gleichzeitig müssten jene Arbeitenden und ihre Organisationen stärker geschützt werden, die auf Gefahren am Arbeitsplatz hinweisen.
Unter den Unterstützern des Streiks ist auch die Partei Rifondazione Comunista (Kommunistische Neugründung), die unterstreicht, dass »der Kampf gegen den Anstieg der Militärausgaben, gegen die Aufrüstung, die Waffenlieferungen in die Ukraine und für die sofortige Aufnahme von Friedensverhandlungen«, der einzig gangbare Weg sei, um das Volk der Ukraine zu schützen und eine noch schlimmere militärische Eskalation zu verhindern.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.