Kein Small Talk mit der AfD

38 Schüler beim Zukunftstag im Potsdamer Landtag - zwölf von ihnen bei der Linksfraktion

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Beim diesjährigen Zukunftstag im Landtag ertönten am Donnerstag zunächst Sirenen für einen Probealarm. Vorher wurde extra durchgesagt: »Bitte schenken Sie dem keine Aufmerksamkeit.« So blieben auch die 38 Schüler im Gebäude, die von den sechs Fraktionen zum Zukunftstag eingeladen waren.

Parlamentspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) begrüßte sie und stellte kurz den Landtag und ihre eigene Arbeit vor. Auch wenn die dem früheren Potsdamer Stadtschloss nachempfundene Fassade so aussehe, sei das Haus »kein Schloss«, sondern ein modernes Parlamentsgebäude, eine Arbeitsstelle für 88 Abgeordnete und etwa 130 Mitarbeiter. »Ich möchte euch gespannt machen und die Berufsfelder benennen, die es bei uns gibt«, sagte Liedtke. Von der Haustechnik bis zum Saubermachen sei alles zu regeln. Ausführlicher verweilte die Politikerin beim Protokoll. Die jüngste Stenografin des Landtags sei Weltmeisterin im Protokollieren. »Darauf sind wir sehr stolz.«

Liedtkes Mitarbeiter bereiten ihre Termine vor und geben ihr wichtige Hinweise. Wenn beispielsweise Botschafter aus bestimmten asiatischen Staaten ihren Antrittsbesuch im Landtag machen, sei es geboten, ihnen zur Begrüßung nicht die Hand zu schütteln, »weil das dort nicht üblich ist«. Ein Schüler fragte, ob Liedtke einer Fraktion angehöre. »Ja, ich gehöre der stärksten Fraktion an, das ist bei uns die SPD«, antwortete sie. Doch mache sie als Parlamentspräsidentin keinen Wahlkampf für die SPD, »weil sonst die anderen Fraktionen an meiner Neutralität zweifeln könnten«.

Liedtke schilderte, welchen Weg ein Gesetzentwurf nehme, bis beispielsweise Geld vom Land in einer Schule ankommt. »Das dauert ewig.« Ihre eigene Rolle beschränke sich aber nicht auf das Moderieren der Debatte. Zum Inkraftsetzen eines Gesetzes gehört eine Formalie: »Ich bin die Letzte, die das unterschreibt.« Bestandteil ihrer Arbeit sei auch das Herstellen von Kontakten zwischen Vertretern des gesellschaftlichen Lebens und Abgeordneten. Es gebe parlamentarische Abende, wo die Eingeladenen und von konkreten Themen Betroffenen direkt mit den Parlamentariern reden können. Der Landtag müsse sich öffnen und dürfe nicht in einer »Blase« verharren, die sich gegenüber der Welt abschotte. Die Parlamentspräsidentin äußerte sich auch zur Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg: »Nein, sie funktioniert derzeit nicht besonders gut.«

Später dann bei der Linksfraktion: »Mein Büro ist chaotisch«, sagte die Abgeordnete Isabelle Vandré. »Meins geht«, beruhigte Marlen Block. Die beiden hatten am Nachmittag die Betreuung von zwölf Jugendlichen übernommen und ihnen als Erstes den Flur der Linksfraktion gezeigt. »Warum habt ihr euch für die Linksfraktion als Gesprächspartner entschieden?«, wollten sie von ihren jungen Gästen wissen. Von »Ich bin links und antikapitalistisch« bis »Es war kein anderer Platz mehr frei« war einiges an Antworten vertreten.

Wie kann es sein, dass die AfD sich an einem solchen Zukunftstag beteiligen und Kinder zu sich einladen könne, fragte der 14-jährige Jonathan. Solange diese Partei nicht verboten sei, könne ihr niemand untersagen, daran teilzunehmen, antwortete die Abgeordnete Marlen Block. Gleichwohl man einander nicht grüße und es auch keinen »Small Talk« mit AfD-Abgeordneten gebe. »Ich bin politisch neutral und kann es nicht nachvollziehen, dass keine Grüße ausgetauscht werden dürfen«, erklärte die ebenfalls 14-jährige Antiona von der Sportschule Potsdam. »Das fällt mir auch nicht leicht, weil ich als Mensch eigentlich anders bin«, erwiderte Sozialistin Isabelle Vandré, »Doch ich sehe, wie sich die AfD-Abgeordneten in den vergangenen sieben Jahren entwickelt haben, welche Reden sie halten und welche Grenzüberschreitungen sie begangen haben. Da kann ich mich auf Höflichkeitsfloskeln nicht einlassen.«

»Welche Eigenschaften muss ein guter Politiker haben?«, wollte Antonia noch wissen. »Zuhören ist ganz wichtig«, unterstrich Block. »Ein Parlament darf nicht nur aus Juristen und Lehrern bestehen«, setzte Vandré hinzu. Linke, Grüne und SPD achteten daher darauf, dass sie auch Vertreter ihrer Jugendorganisationen nominieren.

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