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  • Landtagswahl in Schleswig-Holstein

Günther gibt den Ton an

CDU geht am Sonntag als klarer Favorit in die Landtagswahl in Schleswig-Holstein

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 5 Min.

Die Pandemie mag weitestgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden sein, doch das Coronavirus beeinflusst weiterhin den Alltag – auch in der Politik. Beinahe hätte Daniel Günther ein ähnliches Schicksal wie sein Parteifreund Tobias Hans vor wenigen Wochen im Saarland erlitten. Mitten im Wahlkampfendspurt wurde Günther vor über einer Woche positiv auf Covid-19 getestet. Es folgten neun Tage in Isolation, Auftritte wurden abgesagt, darunter auch eine Debatte mit den beiden Spitzenkandidatinnen von Grünen und SPD, Monika Heinold und Thomas Losse-Müller. Am Mittwoch dann das Signal: Günther durfte seine Quarantäne verlassen, pünktlich zu den beiden letzten Triellen mit seinen größten politischen Konkurrentinnen.

Im Gegensatz zu dem am Ende bei der Saarlandwahl der SPD und ihrer Kandidatin Anke Rehlinger unterlegenen Hans scheint Günther das Glück bis jetzt auf seiner Seite zu haben: Er ist nicht nur wieder fit, sondern dürfte – sofern es auf den letzten Metern keine Überraschung gibt – große Chancen haben, auch nach dem Wahlsonntag Ministerpräsident von Schleswig-Holstein zu bleiben. Das dürfte auch der CDU bei der Landtagswahl eine Woche später in Nordrhein-Westfalen Rückenwind geben, bundespolitisch hat die Wahl kaum eine Bedeutung. Alle Umfragen der letzten Tage sehen die Nord-CDU mindestens 16 Prozentpunkte vor der Zweitplatzierten SPD. Sollte es am Ende rechnerisch knapp für eine Ampel-Koalition reichen, hätte diese angesichts solcher Abstände ein großes Legitimationsproblem.

Alles sieht danach aus, dass Günther mehrere Optionen offen stehen. Die Frage ist, wie viele es sind. Eine Fortsetzung von Jamaika, für die der CDU-Spitzenkandidat im Wahlkampf bis zum Schluss warb, ist ebenso drin wie ein neues Zweier-Bündnis. Eine Koalition mit den Grünen hätte nach den Umfragen eine klare Mehrheit, geringer und nach den Zahlen noch nicht so sicher wäre ein Bündnis mit der FDP. Die Nord-Liberalen ließen bereits durchblicken, dass Jamaika für sie keine Option ist und man lieber in die Opposition gehe, sollte es rechnerisch für eine Zweierkoalition aus Grünen und CDU reichen. In den letzten Wochen zeigte sich immer deutlicher, dass Schwarz-Grün die Wahrscheinlichste aller Regierungskonstellationen ist.

Zwar lässt sich keine Partei zu einer offenen Aussage hinreißen, Tendenzen lassen sich im Wahlkampf dennoch erkennen. Ministerpräsident Günther betont bei seinen Auftritten, wie gut die Zusammenarbeit mit dem Grünen-Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck funktioniert. Erst Mitte März hatten sich die Beiden in Kiel getroffen, um über die Fortschritte bei der Energiewende zu sprechen. Habeck, selbst bis 2018 Minister für Energie, Landwirtschaft und Umwelt in Schleswig-Holstein, lobte, dass das Land »seine Hausaufgaben gemacht« habe.

Die Energiewendebilanz unter Jamaika fällt allerdings widersprüchlich aus. SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller kritisiert im Wahlkampf, dass zwischen 2017 und 2021 keine zusätzlichen Windkraftanlagen gebaut wurden, der Zuwachs bei der Stromerzeugung aus Windenergie geht vor allem auf Repowering, also die Erneuerung alter Anlagen zurück. Die Grünen indes drängen darauf, dass das Land mehr Platz für Windkraftanlagen bereitstellt. Aktuell ist ein Flächenziel von zwei Prozent vorgesehen, die Partei fordert drei Prozent, CDU und FDP traten bisher auf die Bremse.

Günther könnte sich in dieser Frage nach der Wahl in Koalitionsgesprächen flexibel zeigen. Im Wahlkampf betont der CDU-Politiker, dass die Bedeutung der Energiewende durch den russischen Angriffskrieg noch einmal gewachsen ist – Stichwort unabhängige Energieversorgung. Gleichzeitig wirbt er ähnlich den Grünen für den Aufbau einer grünen Industrie. Als Leuchtturm dient der im Frühjahr verkündete geplante Bau einer großen Batteriefabrik der schwedischen Firma Northvolt in Heide. Ab 2025 sollen Zellen für etwa eine Million E‑Autos jährlich produziert werden. Nicht nur dafür braucht es jede Menge Energie aus regenerativen Quellen.

Ökologisch fragwürdig sind zwei weitere Projekte, bei denen Grüne und CDU zusammenfinden. Im Gegensatz zur Parteibasis und dem offiziellen Programm sprechen sich die Grünen im Kieler Landtag für den Bau eines Flüssiggasterminals im Hafen von Brunsbüttel aus. Klar gegen das Terminal positionieren sich im Wahlkampf Linkspartei und der Südschleswigsche Wählerverband. Bundeswirtschaftsminister Habeck betont, dass die Infrastruktur in Zukunft auch dazu genutzt werden könnte, um den Transport von klimaneutral erzeugtem Wasserstoff zu organisieren. Diese Option besteht bei einem weiteren umstrittenen Projekt nicht, auf das die Deutsche Umwelthilfe am Donnerstag aufmerksam machte. In einer Befragung aller Spitzenkandidat*innen kam heraus, dass neben CDU und FDP auch die Grünen den Antrag des Energiekonzerns Wintershall Dea unterstützen, weitere Ölbohrungen im Wattenmeer auf der Mittelplate durchzuführen. SPD, Die Linke und der SSW sind dagegen.

Zur Begründung verweist Grünen-Kandidatin Heinold auf die veränderte Lage durch den Ukrainekrieg. Auch würde eine Zustimmung an die Bedingung geknüpft, dass das Unternehmen seine Ölförderung auf der Plattform eher als geplant beende. Im Wahlprogramm heißt es dagegen, dass die Grünen neue Ölbohrungen ablehnen.

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