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- Diskriminierung in Deutschland
Jeder Fünfte erfährt Rassismus
Laut einer Studie gibt es in Deutschland ein großes Bewusstsein für Rassismus – gleichzeitig sind rassistische Annahmen weit verbreitet
Rassismus ist Alltag in Deutschland. Was in der antirassistischen Bewegung Konsens ist, wurde nun mit Zahlen des ersten Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors untermauert. »Rassismus ist kein Problem von ›Minderheiten‹. Mehr als ein Fünftel der Gesamtbevölkerung gibt an, selbst Rassismus erfahren zu haben«, sagte Naika Foroutan, die das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung leitet, bei der Vorstellung des Berichts am Donnerstag. Zum Vergleich: Etwa ein Viertel der Bevölkerung (26 Prozent) hat einen Migrationshintergrund.
Befragt wurden 5000 Menschen, darunter auch gezielt Schwarze Menschen, Musliminnen, Asiatinnen, Sintizze und Romnja, Jüdinnen und Juden sowie Osteuropäerinnen. Von diesen gaben 58 Prozent an, schon einmal Rassismus erfahren zu haben. In Bezug auf diese Gruppen ist die Studie allerdings nicht repräsentativ. Hier fiel auf, dass junge Menschen besonders häufig von direkten Rassismuserfahrungen berichten (73 Prozent). Foroutan begründete das damit, dass jüngere Menschen, die in Deutschland geboren sind, weniger bereit sind, Rassismus als »normal« hinzunehmen.
Untersucht wurde aber auch, inwieweit Menschen in Deutschland indirekt von Rassismus betroffen sind, etwa indem sie rassistische Vorfälle beobachten oder ihnen nahestehende Personen davon erzählen. Demnach sind zwei Drittel der Bevölkerung schon einmal mit Rassismus in Berührung gekommen – durch eigene Erfahrungen, Beobachtungen oder Schilderungen aus dem näheren Umfeld. So kennen 45 Prozent der Befragten eine Person, die ihnen von rassistischen Erfahrungen berichtet hat. »Das beschäftigt die Menschen emotional und hinterlässt Schäden in der ganzen Gesellschaft«, betonte Foroutan.
Laut der Studie erkennen 90 Prozent der Bevölkerung an, dass es Rassismus in Deutschland gibt. Und 65 Prozent teilen die Aussage, dass es Rassismus in deutschen Behörden gebe. Außerdem sei ein Großteil (70 Prozent) potenziell bereit, sich gegen Rassismus zu engagieren. Trotzdem sind rassistische Vorstellungen weit verbreitet. So teilte jede zweite Person die Vorstellung, dass man Menschen in Rassen einteilen könne. Und rund ein Viertel gab an, dass die Ungleichheit sozialer Gruppen legitim sei. Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist denn auch: »Rassismus anzuerkennen bedeutet nicht automatisch, dass man sich auch antirassistisch verhält«, so Foroutan.
Die Wissenschaftlerin verweist auf eine Reihe von Abwehrmechanismen. So geben 60 Prozent an, dass Rassismus vor allem von Rechtsextremen ausgehe. Viele Menschen in Deutschland begegnen Rassismuskritik aversiv oder empfinden sie als übertrieben oder gar gefährlich. Dies kommt den Studienautorinnen zufolge insbesondere aus der gesellschaftlichen Mitte und mittleren Altersgruppen. Zwischen Ost- und Westdeutschland gebe es in der Reflexion von Rassismus keine großen Unterschiede, sagte Foroutan. Größere Unterschiede sind hingegen im antirassistischen Engagement und bei der Co-Betroffenheit zu finden. Das erklärte sie damit, dass im Osten weniger Menschen leben, die einen Migrationshintergrund haben.
»Rassismus hat unsere Gesellschaft auf lange Zeit geprägt und damit uns«, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Sie will an die Bereitschaft vieler Menschen, sich gegen Rassismus zu engagieren, anknüpfen. Die Politikerin hob das Projekt »Demokratie leben« sowie das geplante Demokratiefördergesetz hervor, mit dem der Bund verpflichtet werden soll, zivilgesellschaftliche Strukturen gegen Extremismus und Rassismus dauerhaft abzusichern. Zu der Frage, welche Maßnahmen gegen institutionellen Rassismus in Behörden ergriffen werden sollten, sagte Paus auf Nachfrage des »nd«: »Es wird ein Bündel von Maßnahmen geben müssen.« Wie genau diese aussehen sollen, erklärte sie nicht konkret.
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