- Politik
- Dürre
Die Wasserallianz
Wasser könnte das Bindeglied zwischen Klimabewegung und Landwirtschaft werden
Wenig ist für die Landwirtschaft so bedrohlich wie eine Dürre. Seit Jahren verzeichnen Landwirt*innen erhebliche Ernteeinbrüche, müssen zunehmend künstlich bewässern. Weiden geben nicht mehr genug Futter für die Tiere her. Die Gefahr von Flächenbränden wächst. Früher sorgten Niederschläge noch für zufriedenstellende Erträge, sagt Bernd Schmitz, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die die Interessen von kleinen und mittleren Betrieben vertritt. Schmitz ist selbst Landwirt, hält Milchkühe, betreibt Acker- und Gemüsebau. »Heute noch auf dem Acker zog ich eine große Staubwolke hinter mir her«, sagt er. Für ihn ist der gestörte Wasserhaushalt »die wesentliche Auswirkung des Klimawandels«.
Um das Thema Wasser zu bearbeiten, braucht es eine Allianz aus Landwirtschaft, Klimabewegung und Umweltverbänden, ist Aktivist Timo Luthmann überzeugt. Seiner Ansicht nach ist die Stadt Brake in Niedersachsen der perfekte Ort dafür. Sie liegt nicht nur in der Weser-Ems-Region, einer Hochburg der europäischen Massentierhaltung. Hier befindet sich auch der größte Futtermittelhafen Deutschlands. »Jedes Jahr landen hunderttausende Tonnen Soja aus Südamerika in Brake an, auch eine große Palmöl-Raffinerie hat hier ihren Sitz«, so Luthmann. Bereits im vergangenen Jahr demonstrierten die Kampagnenorganisation Aktion Agrar und die AbL am Braker Hafen, genau wie die Umweltorganisation Robin Wood. Sojaplantagen trügen zur Zerstörung von Wäldern in Südamerika bei und der wachsende Preisdruck auf Bauern heize hierzulande das Höfesterben an, so die Kritik. »Hier läuft sozusagen das Globale und das Lokale zusammen«, meint Luthmann.
Seit Jahren ist darüber hinaus eine Vertiefung der Weser geplant, um den Fluss für noch größere Frachter schiffbar zu machen. Landwirte kämpfen dagegen, weil sie sich sorgen, dass durch den Eingriff noch mehr Salzwasser aus der Nordsee auf die Weideflächen gelangen und Kühe vergiften könnte. Auch Umweltverbände wie der BUND Wesermarsch und das Bündnis Weserschutz stellen sich einer Weservertiefung entgegen. Seit etwa einem Jahr sind Klimaaktivist*innen mit den Vereinen im Austausch, planen im Mai ein gemeinsames Protestcamp in Brake. »Das ist kein rein linkes Camp, sondern wir organisieren das mit den Menschen vor Ort gemeinsam«, sagt Bastian Siebenmorgen, der Teil der Vernetzung ist. Es gehe auch darum, die Region besser kennenzulernen. »Wir wollen eine möglichst stabile Basis aufbauen, damit der Protest von der lokalen Bevölkerung getragen wird«, so der Aktivist. Auch mit Landwirt*innen stehe man in Kontakt.
Ob der Zusammenschluss aus Klimabewegung, Landwirtschaft und lokaler Bevölkerung gelingen wird? Luthmann und Siebenmorgen wünschen sich, dass Brake der nächste »Kristallisationspunkt« der Klimabewegung wird, wie es der Hambacher Forst einmal war, oder das Braunkohledorf Lützerath. Das geplante Wesercamp sei der Lackmustest dafür.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.