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Alle Signale auf Schwarz-Grün
CDU in Schleswig-Holstein befeuert nach Wahlerfolg Debatte um Diversität in der Partei
»Nach der Wahl ist vor der Wahl« – Diese politische Standardfloskel gilt nach dem Urnengang in Schleswig-Holstein umso mehr, findet am kommenden Sonntag mit der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen doch bereits die nächste wichtige Abstimmung statt. Auch wenn der CDU-Erdrutschsieg mit 43,4 Prozent im hohen Norden keine direkten Schlüsse auf die »kleine Landtagswahl« zulässt, versucht die Bundespartei, Daniel Günthers Erfolg als Rückenwind für NRW zu verkaufen. An der obligatorischen Pressekonferenz am Montag nach der Wahl im Berliner Konrad-Adenauer-Haus nahm deshalb neben Parteichef Friedrich Merz, Günther und Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien auch NRW-Spitzenkandidat Hendrik Wüst teil. Ein bisschen Glanz sollte auch auf den amtierenden CDU-Ministerpräsidenten abfallen, der um seine Wiederwahl kämpft.
Aus Rücksicht auf den laufenden Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen ließ sich Günther wenig überraschend keine klare Aussage darüber entlocken, welche Koalition er im hohen Norden anstrebt. Es gebe, so der CDU-Politiker, bisher noch nicht einmal einen Fahrplan, wann und in welcher Reihenfolge Gespräche mit Grünen und FDP stattfinden sollen. Eine offizielle Präferenz für Sondierungen, so viel scheint klar, dürfte es vor nächster Woche kaum geben.
Sicher ist dagegen: Sowohl Grüne als auch FDP haben bereits ihr Interesse bekundet, weiterhin mit der CDU regieren zu wollen. Allerdings, auch das lässt sich aus dem Wahlsonntag schließen, sind die Grünen aufgrund ihres Abschneidens gegenüber den Liberalen im Vorteil. Während die Partei um Co-Spitzenkandidatin Monika Heinold um mehr als fünf Prozentpunkte auf 18,3 Prozent zulegte, sank die Zustimmung der FDP um über fünf Prozentpunkte auf nur noch 6,4 Prozent. Will Spitzenkandidat Bernd Buchholz sein bisheriges politisches Gewicht retten, bleibt seine einzige Option eine schwarz-gelbe Koalition.
Darauf deutet allerdings wenig hin, sagte der Kieler Politikwissenschaftler Wilhelm Knelangen der Deutschen Presseagentur. Er rechnet mit einem schwarz-grünen Bündnis, auch und gerade aufgrund von Ministerpräsident Daniel Günther. »Er gilt als derjenige, der die konservativen Teile des Landes zusammenbringt mit der ökologischen Bewegung der Grünen.« Wolle man die Geschichte weitererzählen, »dass modern-konservativ und progressiv-ökologisch zusammenkommen, dann wird das die Parteien zusammenbringen.«
Die Grünen lassen ihrerseits wenig Zweifel aufkommen, dass eine schwarz-grüne Koalition an ihnen scheitern könnte. Für ein Bündnis spricht, dass sich auch Co-Spitzenkandidatin Aminata Touré offen für eine weitere Regierungsbeteiligung zeigte. »Wir haben das Mandat bekommen, die Politik weiter mitzugestalten«, so Touré am Montag in Berlin. Im Zweifel könnten die Grünen auch »eine angriffslustige Opposition sein«.
Das Signal der 29-jährigen Politikerin dürfte Gewicht haben. Touré gilt als Parteilinke, politisch wird sie als Nachfolgerin der bereits 63-jährigen Heinold aufgebaut, die zuletzt als Finanzministerin in der Jamaika-Koalition wirkte. Ob das Nachwuchstalent der Grünen nach ihrem Amt als Vizepräsidentin des Kieler Landtags vielleicht sogar Ministerin wird, ist zwar noch völlig offen, aber denkbar. Über Personal dürfte erst dann genauer gesprochen werden, wenn Schwarz-Grün sicher ist.
CDU-Bundeschef Friedrich Merz dürfte sich mit Koalitionsratschlägen an seinen Parteikollegen Günther tunlichst zurückhalten. Beide gelten als Konkurrenten aus unterschiedlichen Strömungen, auch wenn sie sich seit der Wahl von Merz zum Parteivorsitzenden öffentlich um ein Bild der Geschlossenheit bemühen. Günther, der einzige wirklich populäre Vertreter des sozialliberalen CDU-Flügels, könnte seinen Wahlerfolg nutzen, die Gesamtpartei moderner aufzustellen.
Vielsagend war in diesem Zusammenhang die Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus. Günther hielt einen kurzen Vortrag darüber, wie der CDU-Wahlerfolg in Schleswig-Holstein auch damit zusammenhängt, dass sich die Partei personell breit aufgestellt habe. »Diversität und Geschlossenheit sind das Erfolgsrezept«, erklärte auch Parteivizin Prien. Tatsächlich war die CDU im hohen Norden mit einer paritätisch besetzten Liste bei der Landtagswahl angetreten, was bei den Konservativen bisher kein Standard ist.
Merz räumte ein, dass die Bundespartei bei der Gleichstellung noch Nachholbedarf hat. Auch die CDU insgesamt müsse sich in dieser Hinsicht breiter aufstellen – »das ist die Botschaft aus Schleswig-Holstein«. Wie das gelingen kann und ob der Bundesvorsitzende eine CDU-interne Quotenregelung unterstützt, ließ Merz jedoch offen und verwies ausweichend auf noch notwendige Debatten, die bis zum Bundesparteitag Anfang September zu führen seien.
Prien und Günther ließen dagegen keine Zweifel aufkommen, wie sie zu einer Quotenregelung stehen. »Es geht nicht ohne eine Quote«, stellte der CDU-Landeschef aus Schleswig-Holstein klar. Deshalb werde Günther in den Parteigremien auch dafür werben.
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