- Kommentare
- PMK-Statistik
Nennt sie »radikale Mitte«
Der Statistik politisch motivierter Kriminalität fehlt das Bekenntnis, meint Daniel Lücking.
»Aber der Linksextremismus!« Der bekannte Rechtfertigungsreflex fiel bei der Präsentation der Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität aus dem Jahr 2021 gefühlt weniger peinlich aus, als das unter dem ehemaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zuletzt der Fall war. Dass seine Nachfolgerin Nancy Faeser (SPD) deutlich benennt und betont, welche Gefahr von Rechtsextremismus und Antisemitismus ausgeht, wird nur dadurch getrübt, dass zahlreiche Straftaten scheinbar gar nicht zuzuordnen sind. Mit einem Anstieg um 147 Prozent konnten über 21 000 Delikte keiner speziellen Ideologie zugeordnet werden, hatten aber oft irgendwie mit den Coronaprotesten zu tun oder fanden im Umfeld von Wahlen statt.
Dem offenbar ratlosen Bundeskriminalamt sei eine kleine Hilfe aus den sozialen Netzwerken angeboten. Dort wurde in den letzten Jahren immer wieder deutlich, dass Personen, die sich als »weder rechts noch links« bezeichneten, in den allermeisten Fällen sehr deutlich rechtem Gedankengut anhingen. Dass schon die Kategorie Reichsbürger nicht als politisch motivierte Kriminalität von rechts gezählt wird, schönt bereits seit Längeren das wachsende rechte Problem im Land. Wenn nun auch eine eindeutige Benennung der Querdenkerszene gescheut wird, erhalten sich die Behörden entweder die Option, weiterhin mit der Gefahr von links orakeln zu können, oder sie scheuen sich schlicht davor, eine Kategorie für die radikale Mitte zu eröffnen. Es darf kein Tabu sein zu benennen, dass auch aus der Mitte der Gesellschaft mittlerweile Gewalt verübt wird. Die ideologische Prägung dort zeichnet sich dadurch aus, dass man unpolitisch sein will, um nicht doch als rechts oder als links zu gelten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.