- Berlin
- Ausbau des Nahverkehrs
Die Leerstelle bleibt der kommunale Busverkehr
Infrastrukturminister stellt Entwurf des Brandenburger Landesnahverkehrsplans vor
In wenigen Jahren sollen auf Brandenburgs Schienen deutlich mehr Regionalbahnen und ‑expresse verkehren. Das hebt Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) am Dienstag bei der Pressekonferenz deutlich hervor, auf der er den zuvor vom Kabinett beschlossenen Entwurf des Landesnahverkehrsplans 2023 bis 2027 vorstellt.
Beermann nennt den RE1, der ab Dezember diesen Jahres dreimal stündlich zwischen Frankfurt (Oder), Berlin und Brandenburg/Havel verkehren soll, oder den neuen RE8, der zusammen mit den bestehenden Linien vier Verbindungen pro Stunde von Berlin ins Havelland bietet. Insgesamt soll bis 2027 in den Regionalnetzen der Mark das Angebot um 27 Prozent steigen. »Damit können wir einen beachtlichen Schritt nach vorn gehen«, sagt Beermann. Tatsächlich sind die Entscheidungen für diesen Ausbau, der angesichts der Pendlerzahlen schon einige Jahre überfällig ist, weitestgehend noch von der rot-roten Vorgängerkoalition getroffen worden.
»Ohne zusätzliche Regionalisierungsmittel des Bundes für die Länder werden die ambitionierten Ziele bezüglich der Verkehrswende – auch der Bundesregierung – nicht zu erreichen sein«, sagt Beermann. Die Landesverkehrsminister forderten auf ihrer kürzlich abgehaltenen Konferenz 1,5 Milliarden Euro zusätzlich vom Bund allein für 2022. Brandenburg erhielte davon 60 Millionen Euro.
Beermann verweist auch auf die im vorigen Jahr vorgestellte Studie zum Reaktivierungspotenzial stillgelegter Bahnstrecken und Haltepunkte im Land. Von 32 möglichen Strecken und vier Verbindungskurven und 35 Stationen an bestehenden Strecken schafften es gerade mal elf Verbindungen mit zusammen rund 160 Kilometern Länge und vier Haltepunkte in die nächste Stufe.
Nach intensiver Prüfung attestierte der Deutsche Bahnkunden-Verband in einer ausführlichen Stellungnahme kürzlich »entscheidende strukturelle und formale Mängel«. So gab es weder eine öffentliche Beteiligung dazu, noch sind Planungen von Wirtschaftsunternehmen eingeflossen. Die Analysen hätten sich auf veraltetes Basismaterial gestützt, die Quellen seien größtenteils nicht genannt worden. Außerdem seien wichtige Kriterien und wesentliche Faktoren »willkürlich gewählt, nicht nachvollziehbar, realitätsfern«.
Auch der Landesverband des ökologisch orientierten Verkehrsclubs Deutschland (VCD) hat große Kritik an der Untersuchung. »Wir hätten uns vor allem gewünscht, dass die Studie stärker auf das Ziel ausgerichtet wäre, zu untersuchen, wo Hauptstrecken an Flaschenhälsen entlastet werden können«, sagt Geschäftsführerin Anja Hänel zu »nd«. Mehr Augenmerk hätte der VCD sich auch für bessere Verbindungen brandenburgischer Städte untereinander gewünscht. »Die sind zum Teil so schlecht aufgestellt, dass man über Berlin fahren muss«, sagt Hänel.
Minister Beermann stellt in Aussicht, dass in zwei bis drei Jahren für die ersten Strecken, die laut Studie reaktivierungswürdig sind, Kosten-Nutzen-Untersuchungen vorliegen könnten. Sie sind Voraussetzung für die Bundesförderung, die hier bis zu 90 Prozent der Kosten ausmachen kann. Eine Prognose, wann eine erste Wiederinbetriebnahme erfolgen könnte, will er überhaupt nicht abgeben.
Einer der Knackpunkte des Ausbaus des öffentlichen Personnahverkehrs im Land ist der kommunale Busverkehr in finanzieller Zuständigkeit von Gemeinden und Landkreisen. Die erfolgreiche Volksinitiative Verkehrswende jetzt hatte gefordert, dass das Land den Öffentlichen Personennahverkehr zur Pflichtaufgabe macht. Die Brandenburger Koalition aus SPD, CDU und Grünen hatte eingewilligt, in Zusammenarbeit mit der unter anderem vom VCD unterstützten Initiative ein Mobilitätsgesetz bis zum Ende dieses Jahres zu entwickeln.
»In einem Flächenland wie Brandenburg wird das Auto immer eine große Rolle spielen – gerade im ländlichen Bereich«, sagt der Infrastrukturminster auf der Pressekonferenz. »Trotzdem begeben sich die Landkreise auf den Weg, insbesondere im Busverkehr«, so Beermann weiter.
»Der ÖPNV als Pflichtaufgabe ist einer der umstrittensten Punkte«, sagt Anja Hänel vom VCD. Das Infrastrukturministerium habe eine Lösung angekündigt, die die Finanzierung verbessert, ohne das Verkehrsangebot als kommunale Pflicht festzuschreiben. Er soll in den nächsten Tagen in den Verhandlungen hinter verschlossenen Türen vorgelegt werden.
Bis zum vierten Quartal 2022 soll zunächst der Landesnahverkehrsplan vom Kabinett in der endgültigen Fassung beschlossen und dann vom Landtag verabschiedet werden. Mit der Vorstellung des Entwurfs am Dienstag hat auch die Phase der öffentlichen Beteiligung begonnen. Sie ist bis zum 21. Juni digital auf der Internetseite brandenburg-bewegen.de möglich.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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