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Rechtes Duo siegt auf den Philippinen
Diktatorensohn Marcos Jr. setzt sich gegen linksliberale bisherige Vizepräsidentin Robredo durch
Während die einen am Montagabend (Ortszeit) schon bei den ersten Ergebnissen in Jubel ausbrachen, sahen andere ihre schlimmen Befürchtungen bestätigt: Mit überwältigender Mehrheit haben die Einwohner der Philippinen den Sohn jenes Mannes, der 1965 bis 1986 mit zuletzt diktatorischen Mitteln an der Spitze des südostasiatischen Inselstaates stand, zum neuen Präsidenten gewählt: Ferdinand Marcos Jr. (64), Spitzname Bongbong oder schlicht BBM, wird die 100-Millionen-Einwohner-Nation künftig gemeinsam mit Sara Duterte-Carpio regieren. Die Tochter des scheidenden Staatschefs Rodrigo Duterte, der nach den Regeln nicht erneut antreten durfte, gewann ebenso deutlich das separate Rennen um das Amt der Vizepräsidentschaft.
Marcos holte nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmen fast 31 Millionen der abgegebenen Stimmen, somit rund 59 Prozent. Seine wichtigste Gegenkandidatin Maria Leonor Robredo (57) musste sich mit 14,8 Millionen Stimmen begnügen. Die frühere Menschenrechtsanwältin und bisherige Vizepräsidentin, die BBM noch 2016 im Rennen um dieses Amt knapp geschlagen hatte, war die einzige Frau im zehnköpfigen Bewerberfeld um die Präsidentschaft. Auf den Plätzen drei und vier folgten mit deutlichem Abstand der bisherige Senator und Boxstar Emmanuel Pacquiao sowie Manilas scheidender Bürgermeister und Schauspieler Francisco Domagoso.
Hunderte Menschen gingen am Dienstag vor dem Gebäude der Wahlkommission auf die Straße und warfen der Behörde Wahlbetrug vor. Bei der Abstimmung hatten Berichten zufolge Tausende Bürger wegen defekter Stimmenzählmaschinen nicht wählen konnten. Das offizielle Wahlergebnis wird der Kongress voraussichtlich erst in einigen Wochen bekanntgeben. Aber der Sieg von Marcos Jr. gilt als sicher. Seine Gegner sind bestürzt, dass die berüchtigte Familie 36 Jahre nach ihrer Vertreibung aus dem Inselstaat bald wieder in den Malacañang-Palast in der Hauptstadt Manila einziehen darf.
Bis zum Schluss hatten sich die progressiven und liberalen Kräfte an den letzten Rest Hoffnung geklammert, dass der sich in den Umfragen seit Monaten klar abzeichnenden Sieg des Diktatorensohns noch zu verhindern wäre. Tatsächlich hatten mehrere Massenauftritte Robredos, zuletzt mit 400 000 und über 700 000 Fans in der Hauptstadt Manila, den Glauben an ein solches Wunder kurzzeitig genährt. Sehr viel mehr der insgesamt 65,7 Millionen Wahlberechtigten machten dennoch am Ende ihr Kreuz bei dem rechten Duo.
Dabei hatten Robredo und Senator FrancisPangilinan, der an ihrer Seite für das Vizepräsidentenamt kandidierte, ein breites Bündnis um sich versammelt; dieses reichte einerseits weit ins bürgerlich-liberale Lager, umfasste aber auch linke Kräfte. Risa Hontiveros von der Allianz Akbayan, der bisher einzigen sozialistischen Senatorin, gelang offenbar die Wiederwahl. Dieser Einzelerfolg kann aber nicht überdecken, dass das siegreiche Bündnis UniTeam von Marcos und Sara Duterte sich fortan auch auf eine breite Mehrheit im mächtigen Oberhaus des Parlaments stützen kann. 18 000 Mandate auf allen Ebenen waren landesweit zu besetzen.
In einer in ihrer Heimatstadt Naga aufgezeichneten Rede am Dienstagmorgen (Ortszeit) räumte Robredo zwar den klaren Sieg ihres rechtskonservativen Hauptgegners ein, gab sich aber weiterhin kämpferisch: »Der Kampf ist noch nicht vorbei«, betonte auch Pangilinan – es müsse und werde weiter darum gehen, gerade für die Rechte von Bauern, Fischern und anderen Marginalisierten in der Gesellschaft einzutreten. Den Troll-Armeen des Marcos-Duterte-Lagers, die in den sozialen Netzwerken unter der jungen und besonders internetaffinen philippinischen Bevölkerung gezielte Falschinformationen streuten und vor allem die Vita des jetzigen Wahlsiegers von dunklen Flecken »säuberten«, hatten die liberalen und progressiven Kräfte sowie die unabhängigen Medien wenig entgegenzusetzen. Marcos und Sara Duterte knüpfen nun an die Politik ihres Vaters Rodrigo Duterte an, der als Präsident seit 2016 neben dem blutigen Antidrogenkrieg bereits Pressefreiheit und andere Grundrechte kontinuierlich eingeschränkt, politische Gegner, Kritiker und soziale Aktivisten faktisch oder sogar mit physischer Liquidation mundtot gemacht hat. Dass die Zahl von Verhaftungen und politischen Morden unter den Wahlsiegern weiter zunimmt, ist nur eine von vielen Befürchtungen.
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